Zungentraining: Wie Übergewichtige ihre Geschmacksknospen zu neuer Blüte treiben!

Warum sind Übergewichtige eigentlich übergewichtig? Die Formel für Übergewicht erscheint auf den ersten Blick simpel – wer mehr isst und dadurch mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht, der muss zwangsläufig zunehmen. Doch ganz so einfach ist es nicht! Hinter dem, was man im Fachjargon als gestörtes Essverhalten bezeichnet, stecken nicht nur psychische Aspekte, sondern auch konkrete physiologische Ursachen. Dazu zählen u.a. die Geschmacksknospen auf der Zunge!

Nach 10 Tagen ist eine Geschmacksknospe runderneuert – oder auch nicht?

Kurze Einführung: Eine Geschmacksknospe besteht aus ca. 50-100 einzelnen Zellen – jede mit einer eigenen Rolle, um die fünf  Geschmacksqualitäten salzig, süß, bitter, sauer und umami herauszufiltern. Diese Knospen zeigen eine ziemlich schnelle Turnover-Rate: Binnen 10 Tagen wird jede einzelne Zelle einmal runderneuert.

Eine Studie konnte aufzeigen, dass Ratten in einem 8-wöchigen Experiment 25% weniger Geschmacksknospen aufweisen, wenn sie einer hochkalorischen Diät ausgesetzt wurden. Nimmt die Zahl der Knospen auf der Zunge ab, nimmt auch der Geschmackssinn ab. Dieses Phänomen ist auch beim Menschen bewiesen.

Die Ursache für den Rückgang an Geschmacksknospen ist auch bereits identifiziert: Denn Übergewicht beeinflusst den Turnover-Prozess der Geschmacksknospen negativ. Der Abbau alter Zellen schreitet bei Übergewicht deutlich schneller voran als die Neubildung. Durch dieses Ungleichgewicht von Auf- und Abbau geht die Anzahl der Geschmacksknospen signifikant zurück. Zusätzlich zur gestörten Turnover-Rate entdeckten Kaufman et al. (2018) erhöhte Konzentrationen von TNF-αlpha nahe den Geschmacksknospen. TNF-α wird unter anderem von adipösem Fettgewebe ausgeschüttet und löst entzündliche Prozesse aus. Bei dauerhaftem Übergewicht wird dieser Botenstoff (Zytokin) permanent ausgeschüttet, was zu einer chronisch-latenten Entzündung führt – der gleiche Prozess, der auch als Ursache vieler Zivilisationserkrankungen wie Herzinfarkt, Diabetes, Krebs, Alzheimer etc. hoch gehandelt wird.

Interessante Erkenntnis – weniger Entzündungen mehr Geschmackserlebnis!

In der erwähnten Studie führt die dauerhafte Entzündung zwar nicht gleich zu einer chronischen Erkrankung, aber die Geschmackswahrnehmung ist dauerhaft verringert. Für Übergewichtige kann dieser Zustand fatale Folgen haben: Weniger Geschmackswahrnehmung führt zu weniger Befriedigung. Entsprechend steigt das innere Verlangen nach mehr Nahrung. Was also tun, um die Geschmacksknospen wieder zu neuer Blüte zu treiben? Ganz einfach: Die chronische Entzündung abbauen. Und da sich Geschmacksknospen alle 10 Tage erneuern, sind schnelle Ergebnisse durch entzündungsregulierende Maßnahmen wie z.B. die Reduktion des Bauchfetts vorprogrammiert!

Quellen:

Kaufman, A., Choo, E., Koh, A., & Dando, R. (2018). Inflammation arising from obesity reduces taste bud abundance and inhibits renewal. PLoS Biology16(3), e2001959.

Fleisch ist mein Gemüse: Sind gesättigte Fette so schlecht wie ihr Ruf?

Staek

Seit langem eilt den gesättigten Fettsäuren ein schlechter Ruf voraus. Ein zu hoher Konsum sei unter anderem Schuld an koronarer Herzerkrankungen (immer noch die Todesursache Nummer 1!), so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Tatsächlich konsumiert der Deutsche wesentlich mehr gesättigte Fettsäuren als die DGE sich das wünscht. In ihren Richtlinien empfiehlt sie einen Anteil von höchstens 7-10% an der Gesamtenergiezufuhr. Hauptverdächtige sollen insbesondere die Fette aus Lebensmitteln tierischer Herkunft sein, wie z.B. Butter, Sahne oder Fleisch. Doch sollte ein saftiges Rumpsteak mit einem fetten Stück Kräuterbutter obenauf gleich ein schlechtes Gewissen verursachen?

Die DGE ist sich sicher: Gesättigte Fette sind (Mit-)Verursacher von Herzkrankheiten!

Neue Studienergebnisse stellen diese Volksweisheit infrage: In einer Untersuchung an einer norwegischen Universität nahmen 46 übergewichtige Männer (BMI > 29, Bauchumfang > 98cm) an einer 12-wöchigen Diät teil. Die Forscher unterteilten die Probanden in zwei Gruppen. Während der Eiweißanteil bei beiden Gruppen gleich war (19%), nahm die Very-High-Fat-Low-Carb-Gruppe (VHFLC) 73% der Gesamtkalorien über Fette zu sich, die Low-Fat-High-Carb-Gruppe (LFHC) 30%. Die zugeführte Gesamtenergiemenge war in beiden Gruppen gleich. Jeweils die Hälfte der konsumierten Fettsäuren waren gesättigt. Bei der Auswahl der Lebensmittel wurde auf eine möglichst geringe Verarbeitung und Gehalt an zugefügtem Zucker geachtet, sowie eine insgesamt hohe Qualität der Produkte.

Müssen gesättigte Fettsäuren rehabilitiert werden? Liegt es nicht doch an der Qualität?

Nach Ablauf der zwölf Wochen waren Bauchumfang, Fettmasse und Körpergewicht in beiden Gruppen deutlich und in etwa gleichem Maße reduziert. Interessant waren die Ergebnisse in Bezug auf die Veränderungen der Blutfettwerte in der VHFLC-Gruppe: Die Menge an Triglyzeriden sank deutlich, während sowohl beim Gesamtcholesterin als auch beim vermeintlich „lausigen“ Low-density Lipoprotein (LDL- Cholesterin) sich überhaupt nichts änderte – ganz im Gegensatz zu den öffentlichen Empfehlungen! Allerdings: Interessanterweise stieg das „hilfreiche“ High-density Lipoprotein (HDL-Cholesterin) an, was bei der LFHC-Gruppe nicht der Fall war. Die Niedrig-Fett-Hoch-Kohlenhydrat-Gruppe konnte zwar auch Gesamtcholesterin und LDL senken, jedoch bei gleichbleibendem HDL. Ottar Nygard, Leiter der Studie, bringt die Ergebnisse auf den Punkt: „Die meisten gesunden Menschen vertragen offenbar eine hohe Menge an gesättigten Fettsäuren, solange dessen Qualität gut und die Gesamtenergiezufuhr nicht zu hoch ist.“ Hat Nygard also recht? Omega 3-Fettsäuren sind seit langem als gesundheitsförderlich anerkannt. Wie die aktuelle Studie beweist, scheinen auch die gesättigten Fette nicht so böse zu sein, wie sie immer dargestellt werden. Der springende Punkt: „Die Wahl qualitativ hochwertiger Lebensmittel“, wie Nygard betont. Gegen ein Steak aus Weidehaltung spricht also wenig, solange das Fleisch aus artgerechter Tierhaltung stammt!

Quellen:

  1. Veum, V.L., Laupsa-Borge, J., Eng, O. et al. (2016). Visceral adiposity and metabolic syndrome after very high-fat and low-fat isocaloric diets: a randomized controlled trial. In: American Journal of Clinical Nutrition.
  2. https://www.dge.de/presse/pm/dge-empfiehlt-auf-fettmenge-und-qualitaet-achten/

KEINE MACHT DER ZUCKERLOBBY: Wie Chile der Volksverfettung den Kampf ansagt!

Der Kampf gegen Übergewicht scheint verloren. Kaum eine Nation auf der Welt ist nicht von der Epidemie der schleichenden Volksverfettung betroffen. Insbesondere Lateinamerika und die Karibikstaaten stehen aktuell im Fadenkreuz. Wissenschaftler vermuten, dass hier die Übergewichtsrate bis 2030 Spitzenwerte erreicht. Um dieser Entwicklung mit aller Staatsmacht entgegenzutreten, hat die Regierung von Chile bereits 2014 radikale Gegenmaßnahmen eingeleitet – mit Erfolg! Während zahlreiche Ernährungsfachverbände immer noch hartnäckig an alten Empfehlungsmustern kleben wie die Fliegen am Fliegengitter (z.B. Fett macht Fett), hat sich Chile den dramatischen Anstieg des Zuckerkonsums vorgeknöpft.

Zuckersteuer – freiwillig oder muss der Gesetzgeber eingreifen?

Ein zentrales Problem, das die chilenische Regierung bekämpfen will, ist versteckter Industriezucker. Denn viele ahnungslose Verbraucher wissen überhaupt nicht, welche Unmengen sie davon täglich vertilgen, weil die Lebensmittelindustrie geschickt zu täuschen weiß. Dass viel Trinken wichtig ist, weiß jedes Kind. Und Softdrinks schmecken nicht nur den meisten Kids besser als pures Wasser. Um “Zuckerwasser” den Kampf anzusagen, hat Chiles Regierung die Steuern auf Getränke mit einem Zuckergehalt über 6,25 g pro 100 ml von 13% auf 18% erhöht. Softdrinks mit einem niedrigeren Zuckergehalt werden sogar mit einem Steuernachlass belohnt (von 13% auf 10%). Obwohl sich dieser Unterschied von 8% auf den ersten Blick nicht nach sonderlich viel anhört, sprechen die Ergebnisse eine unmissverständliche Sprache:

Wunderheilung? Chiles Ergebnisse nach einem Jahr sprechen für sich!

Bereits ein Jahr nach Einführung des neuen Gesetzes sank der monatliche Umsatz zuckerreicher Softdrinks um schlappe 21,6%! Unter dem Strich nahm jeder chilenische Bürger durchschnittlich 15,1% weniger Zucker in Form von Softdrinks zu sich. Dies sind wichtige wissenschaftliche Zeichen aus Chiles Kampf gegen die Zuckerlobby – sie sprechen für sich! Eine Regierung kann den Kampf gegen Übergewicht also durchaus steuern, wenn sie will. Und Chile ist bereits zwei Schritte weiter: Produkte, die reich an Zucker, gesättigten Fettsäuren, Salz oder Kalorien sind, müssen mit einem Warnhinweis auf der Verpackung versehen werden. Dadurch können unwissende Verbraucher leichter ungesunde Produkte identifizieren. Effektiv sind auch Chiles Werbeverbote: Alle Produkte, die mindestens eine der oben genannten Kennzeichnungen tragen, dürfen in der Werbung nicht mehr auf Kinder unter 14 Jahren abzielen. Auch die Kombination dieser Dickmacher mit Spielzeug oder Zeichentricksuperhelden ist in der chilenischen Werbung nicht mehr zulässig!

Chile macht der Welt also vor, wie ein Staat das Ernährungsverhalten seines Volkes positiv beeinflussen kann. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, denn in unserer Bundesregierung ist man der Ansicht, die Fettsteuer habe ja schließlich in Dänemark auch keinen Effekt erzielt. Deshalb mache die Zuckersteuer in Deutschland einfach keinen Sinn. Wer kann dem Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft erklären, dass Fett nicht gleich Zucker ist und man Erbsen nicht mit Bohnen vergleichen sollte, wenn man für die staatliche Ernährungsempfehlungen verantwortlich ist!

Quellen:

Nakamura, R., Mirelman, A., Cuadrado, C., Silva, N., Dunstan, J., & Suhrcke, M. E. (2018). Evaluating the 2014 Sugar-Sweetened Beverage Tax in Chile: An Observational Study in Urban Areas. PLoS Medicine.

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OBESOGENE: Die versteckten Dickmacher in Plastik, Süßstoffen und Co!

Der moderne Mensch wird immer fetter! Und wenn man auf die aktuellen Bestsellerlisten schaut, dann glauben viele Experten auch zu wissen, warum das so ist: Raus aus der Kohlenhydratfalle, Weizenwampe, Low-Fat – die Meinungen gehen kollossal auseinander. Der Verbraucher quittiert die literarische Verwirrung zunehmend mit Frustration und entsagt dem Thema gesunde Ernährung  mit einer Currywurst und einem gepflegten Weizenbier.

40 Jahre hatte man den Bürgern eingetrichtert, Fett mache fett. Seit einiger Zeit ist nun Zucker schuld, auch wenn (Noch-)Bundesministerin Julia Glöckner eine Zuckersteuer strikt ablehnt. Ihrer Meinung nach hätte in Dänemark die Fettsteuer auch nicht funktioniert. Aber ist Zucker gleich Fett, Frau Ministerin? Andere wiederum sehen allein den Kalorienüberschuss verantwortlich für die Fettpandemie. Aber ist eine Kalorie wirklich eine Kalorie? So unterschiedlich die Ansätze auch sind, so konzentrieren sie sich doch alle auf die Makronährstoffe Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate. Um nun der allgemeinen Verunsicherung noch eines drauf zu setzen: Neueste Studien nehmen immer häufiger sogenannte „Obesogene“ ins Fadenkreuz. Obesogene sind von Menschenhand geschaffene, künstliche Mikropartikel wie Bisphenol A, Phthalate, Herbizide oder perfluorierte Tenside, die sich in Verpackungsmaterial, Getränkeflaschen, in der Luft, im Trinkwasser und in Lebensmitteln befinden. Diese Nanopartikel können sich im Körper auf die Speicherung und Verarbeitung von Fetten auswirken.

Raus aus der Chemiefalle – den versteckten Dickmachern den Garaus machen!

Obesogene wirken auf mehreren Wegen: Entweder stimulieren sie die Fetteinlagerung durch Vergrößerung von Fettzellen oder sie sorgen für eine Steigerung des Appetits oder beeinträchtigen unsere Fähigkeit, Fett in Energie umzuwandeln. Alle Wirkmechanismen resultieren in einer Steigerung von Körpergewicht und Körperfett. Obesogene sind in unzähligen Produkten versteckt, mit denen wir täglich zu tun haben: Pflanzenschutz, Plastik, wasserabweisende Stoffe auf Kleidung und Küchenutensilien, künstliche Süßstoffe und Hausstaub, um nur einige wenige zu nennen. Entsprechend findet man Obesogene in verarbeiteten Nahrungsmitteln, Küchengeräten und Reinigungs- und Kosmetikprodukten. Zu diesem Ergebnis kam eine portugiesische Forschungsgruppe, die zahlreiche Studien und Untersuchungen zu diesem Thema in einem Review zusammenfasste.

Somit dürfte einleuchten, dass weit mehr als Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße und Sport unseren Körperfettgehalt bestimmen. Wer nachhaltig Körpergewicht verlieren und die Fett aufbauende Chemie vermeiden will, sollte Obesogene den Kampf ansagen. Natürlich lässt sich in einer hochtechnisierten Welt nicht alles vermeiden. Aber mit der folgenden Checkliste kannst Du die versteckten Dickmacher auf ein Minimum reduzieren!

Obesogene mit folgenden einfachen Schritten drastisch reduzieren:

  • Wähle frische, saisonale, regionale und artgerecht produzierte Nahrungsmittel statt verarbeitetes Convenience Food;  je länger die Inhaltsliste auf der Verpackung, desto höher die Belastung mit Obesogenen.
  • Kaufe pestizidfreies Gemüse und Obst; Produkte mit strengen Biosiegeln wie demeter, Bioland, Naturland oder lokalem Anbau sind in der Regel die beste Wahl.
  • Verbanne Plastik aus deinem Haushalt und am besten ganz aus deinem Leben, insbesondere wenn es um das Aufbewahren von Nahrungsmitteln geht; trinke nicht aus Plastikflaschen, schleppe lieber wieder Kisten mit Glasflaschen.
  • Staubsauge bzw. wische häufig den Boden, um die Hausstaubbelastung zu reduzieren und damit das Raumklima zu verbessern; besorge dir bei entsprechendem Geldbeutel einen Luftfilter für Heim und Büro.
  • Nutze nur biologisch abbaubare Reinigungsprodukte; die herkömmlichen Chemiekeulen für WC, Bad, Boden und Möbel (die kein Mensch braucht),enthalten große Mengen an Obesogenen.
  • Verbanne Kosmetika, die nicht auf natürlicher Basis hergestellt wurden.
  • Verzichte auf Kochutensilien die mit Teflon oder ähnlichen Anti-Haft-Beschichtungen versehen sind.

Natürlich ließe sich diese Liste endlos erweitern. Aber alles beginnt mit dem ersten Schritt. Nicht die Perfektion ist entscheidend, sondern die Umsetzung – just do it!

 

Quellen:

  • European Society of Endocrinology. (2018, May 20). Minimizing exposure to common hormone-disrupting chemicals may reduce obesity rates. ScienceDaily.

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GETREIDE VERGIFTUNG: Warum Oma & Opa mit Gluten kein Problem hatten!

Sonntagsfrühstück bei den Großeltern mit Mehrkorn-Toast, Dinkelbrötchen und wertvollen Frühstückscerealien: Vollkorn ist schließlich gesünder als Baguette und weiße Brötchen. Deshalb wollen sich Oma und Opa von ihrer modernen, gesundheitsbewussten Seite zeigen. Aber Tochter, Schwiegersohn und Enkel winken schnell ab. Sie mussten leidvoll erkennen, dass sich Brot, Müsli und Nudeln für ihre kollektiven Verdauungsbeschwerden verantwortlich zeichnen.

Trotz der vermeintlich gesunden Vollwertkost tun sich immer mehr Menschen mit den Nebenwirkungen des Klebereiweißes Gluten schwer. Inzwischen sind nicht nur Zöliakie-Patienten von einer Glutenintoleranz betroffen (ca. einer von 100 in Deutschland [Laass et al., 2015]), sondern Gluten greift bei jedem von uns die sogenannten Tight Junctions an. Tight Junctions sind so etwas wie Dichtungen, die die Durchlässigkeit des Darms regulieren. Wird die Darmbarriere porös, können Erreger und Schadstoffe in die Blutbahn gelangen. Dann ist Alarm angesagt. Merkwürdig nur: Oma und Opa haben ihr ganzes Leben lang Brot und Brötchen gegessen. Nie hatten sie Probleme – zumindest bis vor kurzem. Denn abgesehen vom Äußerlichen hat das Brot der 1950er Jahre kaum noch etwas mit dem Industrie-Brot von heute zu tun!

Manipulation auf kleinster Ebene: Gentechnik verändert unsere Lebensmittel!

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig: Zum einen wurde der Weizen gentechnisch verändert. Gluten bietet dem Getreidekorn Schutz vor Schädlingen. Entsprechend profitieren Bauern von höheren Glutenkonzentrationen in ihrem Getreide. Auch Bäcker machen sich Gluten zu Nutze: Das Klebereiweiß sorgt  dafür, dass der Brotteig beim backen zusammenhält. Die Massenproduktion nutzt diesen Gluten-Effekt: Separiertes Gluten wird qualitativ minderwertigem Mehl hinzugefügt, um dessen Eiweißanteil zu erhöhen (Day et al., 2006). Dann lässt es sich sogar als „Eiweißbrot“ vermarkten.

Mit der Erhöhung der Glutenmenge allein geben sich allerdings viele nicht zufrieden. Vor der Saat werden die Felder mit Unkrautvernichtungsmittel wie z.B. Glyphosat besprüht. Rückstände solcher Herbizide reichern sich im Ackerboden an und werden von den später ausgesäten Pflanzen, unter anderem dem Getreide, absorbiert. Und wie im Korn, so auch im Brot: Eine groß angelegten Studie in der Schweiz entdeckte bei mehr als 40% der untersuchten Lebensmittel Glyphosat-Rückstände (20minuten.ch, 2017). Und eine aktuelle Untersuchung von Stiftung Warentest ergab Glyphosat-Rückstände in vielen alkoholfreien Biersorten.

Darüber hinaus hat sich das Herstellungsverfahren von Brot drastisch verändert: Früher ließ man Brotteig fermentieren. Daraus entstand der sogenannte Sauerteig, der aufgrund der Milchsäurebakterien und Hefen nahezu vollständig frei von Gluten war. Aufgrund von Kosteneffizienz und hoher Nachfrage muss man heute nach Sauerteig lange suchen.

Das Glutenmaß ist voll: Zurück zu Großmutters Zeiten!

Wir haben es also mit additiven Effekten zu tun: Einerseits hat das heutige Getreide nichts mehr mit dem zu tun, was Oma und Opa in ihren besten Jahren kannten. Andererseits hat sich der Herstellungsprozess extrem verändert. Die Folge ist, dass die Menge an Gluten in unserem Industriebrot in einem solchen Maße angestiegen ist, dass unser Verdauungsapparat immer häufiger Alarm schlägt. Wer nicht auf sein Frühstücksbrötchen verzichten will, sollte folgendes beachten: Billig produziertes Mehl ist in der Regel stärker manipuliert, da es am ertragsreichsten ist und somit günstig verkauft werden kann. Die Lösung: Entweder selber wieder ein Sauerteigbrot backen oder sich einen Bäcker des Vertrauens suchen, der Sauerteigprodukte herstellt. Problem dabei: Die meisten Verkäufer(Innen) wissen heute nicht mehr, was Sauerteig überhaupt ist!

Verwendete Quellen:

  • Day, L., Augustin, M. A., Batey, I. L., & Wrigley, C. W. (2006). Wheat-gluten uses and industry needs. Trends in Food Science & Technology17(2), 82-90.
  • Laass, M. W., Schmitz, R., Uhlig, H. H., Zimmer, K. P., Thamm, M., & Koletzko, S. (2015). The prevalence of celiac disease in children and adolescents in Germany: results from the KiGGS study. Deutsches Ärzteblatt International112(33-34), 553.
  • http://www.20min.ch/wissen/news/story/Fast-Haelfte-der-Esswaren-enthaelt-Glyphosat-16608965

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TATORT GEHIRN: Warum wir so heiß auf Zucker-Fett-Bomben sind!

Es ist nicht allzu lange her, da hörte das Wachstum mit etwa 20 Jahren auf. Heute geht das Wachstum weit darüber hinaus – allerdings nicht in die Höhe, sondern in die Breite! Unter den zahlreichen potentiellen Ursachen für die zunehmende Verfettung in der Welt, steht im heutigen Artikel eine synergistische Wirkungsweise im Fadenkreuz: Die Kombination von Fettsäuren mit hochglykämischen Kohlenhydraten. Zuckerreiche Lebensmittel aktivieren im Körper bekanntlich die Ausschüttung von Insulin, das den Transport von energiereichen Makronährstoffen in die Zellen beschleunigt. Auch Fette werden hierdurch effizienter aus der Blutbahn in die Speicherareale transportiert! Trotz umfangreicher Erkenntnisse über die schädlichen Wirkungen hören wir nicht auf, jene Nahrungsmittel zu bevorzugen, die sowohl große Mengen Fett als auch Zucker enthalten. Warum das so ist, zeigt uns eine neue Studie aus der Hirnforschung.

Evolutionär neu – bis vor 150 Jahren existierten Zucker-Fett-Bomben nicht!

Werfen wir zunächst einen Blick in die Vergangenheit: Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte gab es keine Lebensmittel, die gleichzeitig reich an Fett als auch an Zucker waren. Die auf der Jagd erlegten Tiere waren vor allem eiweiß- und fettreich. Pflanzen und Wurzeln, die gesammelt wurden, enthielten zwar reichlich Kohlenhydrate, aber vor allem Ballaststoffe, die die Insulinausschüttung eher verlangsamen als beschleunigen. Die Option, Zucker und Fett zu kombinieren, entstand erst vor ca. 10.000 Jahren, als die Domestizierung von Tieren und der Anbau von Getreide Einzug hielten. Allerdings stehen Zucker-Fett-Bomben wie Cookies oder Donuts  erst seit höchstens 150 Jahren auf usnerem Speiseplan. Die Nahrungsversorgung vor der Agrarrevolution war für die Jäger und Sammler der Steinzeit abhäbgig davon, was Mutter Natur so hergab. Und das war alles andere als ein reich gedeckter Tisch. Den wechselnden Mangel- und Überflusszeiten zufolge, entwickelte unsere Spezies einen ausgesprochenen Drang nach Nahrung mit hoher Energiedichte. Deshalb führt der Konsum von schnell resorbierbarem Zucker auch zur kurzfristigen Ausschüttung von Glückshormonen.

Nun zeigt sich jedoch: Zucker allein ist nicht die Spitze des (Belohnungs-)Eisberges. Di Feliceantonie et al. (2018) konnten zeigen, dass bei fett- und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln ein weiterer Mechanismus wirkt, der durch Kohlenhydrate allein nicht ausgelöst wird. In einer cleveren Untersuchung mit mehr als 200 Probanden wurden diese mit Bildern von Nahrungsmitteln konfrontiert, die entweder reich an Zucker, an Fett oder an einer Kombination aus beidem waren. Alle Produkte hatten in der dargestellten Menge den gleichen kalorischen Gehalt. Mit einem limitierten Budget sollten sie für jedes Nahrungsmittel den Betrag nennen, den sie ausgeben würden. Während des Experiments wurde das Gehirn der Probanden gescannt, sodass die Forscher die Aktivität der einzelnen Hirnareale überwachen konnten. Folgende Ergebnisse kamen dabei heraus:

High Noon – schon das Betrachten von Fast-Food aktiviert das Belohnungszentrum!

  • Die Probanden waren bereit, für Produkte, die sowohl reich an Fett als auch Zucker waren, deutlich mehr Geld auszugeben als für die Nahrungsmittel, die nur viel Fett oder nur viel Zucker enthielten.
  • Alleine schon das Betrachten von zucker- und fettreichen Fertigprodukten führte zu erhöhter Aktivität in Gehirnarealen, die  zum Belohnungszentrum gehören. Bei den Zucker- und Fettprodukten war dies nicht der Fall.
  • Produkte, die reich an Zucker und Fett sind, lösen beim Betrachter die Wahrnehmung aus, dass sie eine höhere Kaloriendichte haben.

Moment mal – wenn diese Fertigprodukte wesentlich kalorienreicher sind, müssten wir sie doch eigentlich vermeiden? In der bewussten Wahrnehmung Ja, denn wie die meisten zu wissen glauben, ist allein ein Kalorienüberschuss für die Gewichtszunahme verantwortlich. Unbewusst allerdings nicht, denn wie diese Untersuchung eindrucksvoll belegt, reagiert unser Gehirn auf diese Zucker-Fett-Bomben bereits beim bloßen Betrachten mit der Aktivierung des Belohnungszentrums. Ist dieses erst einmal getriggert, will es auf keinen Fall enttäuscht werden, was die Sucht nach Lebensmitteln dieser Art auf Dauer drastisch erhöht.

Aber was soll das bedeuten? Sind wir Opfer unseres Gehirns und können nichts dagegen tun? Natürlich schon, denn wenn wir realisieren, was unser Unterbewusstsein so mit uns so treibt, können wir dem Spuck auch ein Ende bereiten. Wer also versteht, warum unser unbewusstes, evolutionsbiologisch geprägtes Verhalten fett- und zuckerreiche Nährstoffbomben bevorzugt, wird ihnen in Zukunft leichter aus dem Weg gehen können!

 

Benutzte Quellen:

DiFeliceantonio, A. G., Coppin, G., Rigoux, L., Thanarajah, S. E., Dagher, A., Tittgemeyer, M., & Small, D. M. (2018). Supra-Additive Effects of Combining Fat and Carbohydrate on Food Reward. Cell metabolism.

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Darmimmuntherapeut➡️ 16.-17. September (Live Online)

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EGCG: Die entzündungshemmende Kraft von Grüntee!

Grüntee enthält 4000 bioaktive Substanzen

Die Teepflanze (Camellia sinensis) enthält biologisch aktive Stoffe, die als Polyphenole bekannt sind und deren Konsum schon lange mit zahlreichen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht wird. Studien berichten, dass in Tee beinahe 4000 bioaktive Stoffe enthalten sind, von denen die Polyphenole den größten Teil ausmachen. Polyphenole sind natürlich vorkommende organische Chemikalien, die Phenolgruppen enthalten und die zu den häufigsten Sekundärmetaboliten von Pflanzen gehören. Zu den Polyphenolen gehören Phenolsäuren, Flavonoide, Tannine, Lignane und Stilbene. In den letzten Jahren standen die gesundheitlichen Vorteile von Polyphenolen im Fokus von Ernährungswissenschaftlern und viele vorklinische und klinische Studien belegen die günstigen Auswirkungen dieser Stoffe auf die menschliche Gesundheit.

Grüntee hemmt oxidativen Stress

Als sehr potente Antioxidantien können Polyphenole verschiedene Krankheiten verhindern, die in Zusammenhang mit oxidativem Stress stehen. Als Antioxidantien verzögern, unterbinden oder verhindern sie die Oxidation von Lipiden, Proteinen oder Nukleinsäuren in unserem Körper, indem sie freie Radikale einfangen und so den oxidativen Stress verringern. Es ist bekannt, dass oxidativer Stress mit der Entstehung und dem Fortschreiten verschiedener chronisch-degenerativer Krankheiten wie Herzleiden, Krebs und Altern zusammenhängt. Zusätzlich zu ihrer Funktion als Antioxidanz, legen diese Stoffe eine Vielfalt an biologischen Aktivitäten an den Tag und wirken beispielsweise antitumoral, entzündungshemmend und antimikrobiell.

Die Polyphenole des grünen Tees sind vor allem Phenolsäuren und Flavonoide, insbesondere Catechin und dessen Derivate. Grüner Tee enthält aufgrund der Verarbeitungsweise nach der Ernte (unterbrochene Oxidation) mehr Catechine als andere Teesorten, aber es gibt auch bei grünem Tee Unterschiede im Catechingehalt zwischen den verschiedenen Herstellern, die durch Wachstumsbedingungen, Erntezeitpunkt oder Temperatur bei der Zubereitung beeinflusst werden.

Epigallocatechin-3-gallat (EGCG) und Vitamin C

Die vier Catechine, die in grünem Tee vorkommen, sind Epicatechin (EC), Epichatechin-3-gallat (ECG), Epigallocatechin (EGC) und Epigallocatechin-3-gallat (EGCG). Epigallocatechin-3-gallat kommt am häufigsten vor und ist am aktivsten. Die Extraktion/Isolation von EGCG aus grünem Tee erhält die biologische Aktivität und dient als Quelle für qualitativ hochwertige Polyphenole. Die Wasserextraktion von Blättern des grünen Tees ist ein relativ schonendes Verfahren für die Extraktion von EGCG ohne Verwendung aggressiver Lösungsmittel und erfolgt gemäß den Bestimmungen für Lebensmittelsicherheit der FDA. Studien haben gezeigt, dass einige Faktoren, wie etwa ein hoher pH-Wert oder eine hohe Temperatur, die Stabilität und die Pharmakokinetik von EGCG beeinflussen und dessen Abbau fördern. Andererseits verbessert die Aufnahme von EGCG zusammen mit Vitamin C oder Mineralstoffen wie Selen oder Chrom die antioxidative Wirkung von EGCG (1, 2). Im letzten Jahrzehnt gab es eine Vielzahl an Studien zu den gesundheitlichen Vorzügen von EGCG (3).

Entzündungsreaktionen sind Teil des Verteidigungsmechanismus des Immunsystems. Es handelt sich dabei um einen Prozess, bei dem die weißen Blutkörperchen in unserem Körper uns vor Infektionen durch Bakterien oder Viren schützen. Die Entzündungsreaktion ist ein komplexer, zellulärer Prozess, an dem verschiedene Arten von Immunzellen, Proteinen und Signalmolekülen beteiligt sind. Symptome einer Entzündung sind unter anderem Schwellung, Wärmeentwicklung, Rötung, Müdigkeit und Schmerzen, die in Zusammenhang mit einem erhöhten Blutfluss, Vasodilatation, Ausschüttung zellulärer Mediatoren und einem zellulären Zustrom stehen (4). Zellen des Immunsystems wandern zum Ort der Verletzung oder der Infektion und verursachen eine Entzündungsreaktion, um die Stelle zu schützen und zu heilen.

Überschießende Entzündungen verhindern

Die Entzündung kann entweder akut verlaufen und innerhalb von Stunden oder Tagen wieder abklingen oder chronisch und dann Monate oder Jahre andauern. Während der akuten Entzündungsreaktion wird eine Stimulation von weißen Blutkörperchen, neutrophilen Granulozyten und Makrophagen eingeleitet. Bei der chronischen Entzündungsreaktion werden T-Lymphozyten und Plasmazellen aktiviert. Zu den Krankheiten, die mit einer chronischen Entzündung in Verbindung gebracht werden, zählen unter anderem Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs, Alzheimer, rheumatoide Arthritis usw. Manchmal initiieren Zellen des Immunsystems auch eine Entzündungsreaktion gegen körpereigenes, gesundes Gewebe, was somit zu Autoinflammation und einem Spektrum an Autoimmunkrankheiten führen kann.

Die Folgen einer Entzündungsreaktion hängen vom Gleichgewicht zwischen proinflammatorischen und antinflammatorischen Zytokinen ab. Proinflammatorische Zytokine sind immunregulatorische Zytokine, die die Entzündung fördern. Zu den proinflammatorischen Zytokinen gehören die Tumornekrosefaktoren (TNF) und die Interleukine, die direkt nach der Verletzung gebildet werden und an der Hochregulierung der Entzündungsreaktion beteiligt sind. Antiinflammatorische Zytokine (gehören ebenfalls zu den Interleukinen) dienen der Hemmung des Entzündungsprozesses und fördern die Heilung. Biomarker einer Entzündung sind Proteine oder Enzyme, die im Plasma oder im Blut messbar sind und diagnostische oder prognostische Informationen liefern, indem sie Hinweise auf den zugrundeliegenden Krankheitszustand geben.

Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Medikamenten mit entzündungshemmenden Eigenschaften, aber diese haben auch Einschränkungen. Nichtselektive, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden üblicherweise bei Schmerzen und Entzündungen verschrieben, können jedoch zu gastrointestinalen Reizungen führen. Eine andere häufig verschriebene Klasse von entzündungshemmenden Therapeutika, die Cyclooxygenase (COX)-2-Hemmer, verursachen möglicherweise kardiovaskuläre Nebenwirkungen.

Besser als Entzündungshemmer

Mit der Komplementär- und Alternativmedizin scheint man einen wesentlichen Ansatz für die Behandlung von Entzündungen gefunden zu haben. Zu diesem Ansatz gehören Yoga, Nahrungsergänzungsmittel, Mineralstoffe, Vitamine und natürliche Inhaltsstoffe von Pflanzen. Curcumin und Resveratrol sind bekannte Polyphenole aus Pflanzen, die über entzündungshemmende Eigenschaften verfügen.

Wenn man über die gesundheitlichen Vorzüge von grünem Tee spricht, hat EGCG in letzter Zeit deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Das liegt daran, dass in vielen Studien entzündungshemmende Eigenschaften von EGCG nachgewiesen wurden. Es wird vermutet, dass EGCG die entzündungshemmende Aktivität der Zellen beeinflusst, indem es die Synthese und die Aktivität vieler proinflammatorischer Mediatoren unterdrückt. Dies kann weitgehend durch einen Mechanismus erklärt werden, bei dem grüner Tee bzw. EGCG als Antioxidans agiert, um reaktive Sauerstoffspezies abzufangen und so zu einer Abschwächung der Aktivität von NF-κB zu führen. Bei NF-κB (Nukleärer Faktor κappa B) handelt es sich um einen Proteinkomplex, der die Transkription von DNA, die Synthese von Zytokinen und das Überleben von Zellen kontrolliert und außerdem eine zentrale Rolle bei der Regulation der Immunantwort auf Infektionen spielt. Die entzündungshemmende Wirkung von ECGC ist also hauptsächlich auf seine starke antioxidative Aktivität zurückzuführen.

EGCG wirkt nicht nur bei Rheuma

Es gibt eine Vielzahl an In-vivo- und In-vitro-Studien mit dem Ziel, die entzündungshemmende Wirkung von EGCG aufzuklären. Breit aufgestellte In-vivo-Studien haben den entzündungshemmenden Charakter von EGCG bei rheumatoider Arthritis und kardiovaskulären Erkrankungen aufgezeigt. Da Antirheumatika das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung erhöhen, haben viele Studien die positive Wirkung von EGCG bei rheumatoider Arthritis wie auch bei kardiovaskulären Erkrankungen hervorgehoben. Frühe Studien haben berichtet, dass EGCG die Aktivierung proinflammatorischer Zytokine hemmt (11, 12, 13). Eine Studie von Kim et al. (8) hat gezeigt, dass EGCG in Epithelzellen der Atemwege effektiv die Synthese von Interleukin-8 (IL-8) hemmt, was wiederum die Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten stimuliert und die Präsenz reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) fördert. Einige Studien weisen außerdem auf die Rolle von EGCG bei der Neutralisation der Entzündungswirkung von IL-1β und IL-6 hin (9, 10).

Auch bei Herzkreislauf-Erkrankungen protektiv

Experimentelle Studien berichten von einer Reduktion der Entzündung in Gefäßen durch EGCG. Außerdem wurde gezeigt, dass EGCG einen durch ROS verursachten endothelialen Myokardschaden und die Aktivität der Myeloperoxidase minimieren und gleichzeitig die IL-6- und Kreatinphosphokinase-Konzentrationen im Plasma reduzieren kann (5). Murakamal et al. (6) führten eine Kohortenstudie durch, in der gezeigt wurde, dass Patienten, die für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr vor einem akuten Myokardinfarkt regelmäßig schwarzen oder grünen Tee konsumiert haben, eine höhere Langzeitüberlebensrate hatten als Patienten, die keinen Tee getrunken haben. Dies stand in Zusammenhang mit der Verhinderung der Oxidation von LDL und der Akkumulation von Makrophagen, was EGCG zugeschrieben wurde. Es scheint, dass die starke antioxidative Wirkung von EGCG ein entscheidender Faktor in der Behandlung von Arteriosklerose  ist. Eine In-vivo-Studie von Hao et al. (7) zeigte, dass durch die antioxidative Wirkung von EGCG eine durch Drucküberlastung erzeugte kardiale Hypertrophie in Ratten verhindert werden konnte und der durch ROS verursachte Stress auf die Kardiomyozyten unterdrückt werden konnten.

Der allgemeine gesundheitliche Nutzen, der in klinischen und vorklinischen Studien von EGCG aus grünem Tee demonstriert wurde, hebt eine mögliche therapeutische Anwendung von EGCG für die Behandlung von Krankheiten mit entzündlichen Komponenten hervor, ebenso wie das Potenzial von EGCG kardiovaskuläre Komplikationen in Zusammenhang mit rheumatoider Arthritis zu regulieren.

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Quellen:

  1. Peters CM, Green RJ, Janle EM, Ferruzzi MG (2010). Formulation with ascorbic acid and sucrose modulates catechin bioavailability from green tea. Food Res Int. 43: 95-102.
  2. Giunta B, Hou H, Zhu Y, Salemi J, Ruscin A, Shytle RD, Tan J (2010). Fish oil enhances anti-amyloidogenic properties of green tea EGCG in Tg2576 mice. Neurosci Lett. 471: 134-8.
  3. Singh B., Shankar S., Srivastava R. (2011) Green tea catechin, epigallocatechin-3-gallate (EGCG): Mechanisms, perspectives and clinical applications, Biochem. Pharmacol. 82: 1807-1821. https://doi.org/10.1016/j.bcp.2011.07.093.
  4. Ferrero-Miliani L, Nielsen OH, Andersen PS, Girardin SE (2007). Chronic inflammation: importance of NOD2 and NALP3 in interleukin-1beta generation. Clin Exp Immunol. 147: 227–35.
  5. Aneja, R., Hake, P.W., Burroughs, T.J. et al.(2004). Epigallocatechin, a Green Tea Polyphenol, Attenuates Myocardial Ischemia Reperfusion Injury in Rats. Mol Med10: 55–62 https://doi.org/10.2119/2004-00032
  6. Mukamal KJ, Maclure M, Muller JE, Sherwood JB, Mittleman MA (2002). Tea consumption and mortality after acute myocardial infarction. Circulation. 105:2476–81.
  7. Hao J, Kim CH, Ha TS, Ahn HY (2007). Epigallocatechin-3 gallate prevents cardiac hypertrophy induced by pressure overload in rats. J Vet Sci 8:121–9.
  8. Ahmed S, Marotte H, Kwan K, Ruth JH, Campbell PL, Rabquer BJ, et al. (2008). Epigallocatechin- 3-gallate inhibits IL-6 synthesis and suppresses transsignaling by enhancing soluble gp130 production. Proc Natl Acad Sci USA. 105:14692–7.
  9. Lin SK, Chang HH, Chen YJ, Wang CC, Galson DL, Hong CY, et al. (2008). Epigallocatechin-3-gallate diminishes CCL2 expression in human osteoblastic cells via up-regulation of phosphatidylinositol 3-kinase/Akt/Raf-1 interaction: a potential therapeutic benefit for arthritis. Arthritis Rheum. 58:3145–56.
  10. Morinobu A, Biao W, Tanaka S, Horiuchi M, Jun L, Tsuji G, et al. (2008). (−)-Epigallocatechin- 3-gallate suppresses osteoclast differentiation and ameliorates experimental arthritis in mice. Arthritis Rheum. 58: 2012–8.
  11. Liu D, Perkins T, Hennig B (2016). EGCG prevents PCB-126-induced endothelial cell inflammation via epigenetic modifications of NF-κB target genes in human en- dothelial cells. J. Nutr. Biochem. 28: 164–170. http://dx.doi.org/10.1016/j.jnutbio. 2015.10.003.
  12. Cave, ME, Harrington KL, Vollmer R, Ward W, Zhang JZ (2011). Anti-in- flammatory and anti-oxidative effects of the green tea polyphenol epigallocatechin gallate in human corneal epithelial cells. Mol. Vis. 17: 533–542
  13. Wang T, Xiang Z, Wang Y, Li X, Fang C, Song S, Li, Yu H, Wang H, Yan L, Hao S, Wang X, Sheng J, (2017). (-)-Epigallocatechin gallate targets notch to at- tenuate the inflammatory response in the immediate early stage in human macro- phages. Front. Immunol. 8: 433. http://dx.doi.org/10.3389/fimmu.2017.00433.

 

SCHÖNE SCHEIßE: Wie Bewegung unsere Darmbakterien auf Touren bringt!

Auch wenn in den letzten Jahren das mediale und gesellschaftliche Interesse zum Thema Darmgesundheit durch unzählige populärwissenschaftliche Veröffentlichungen stark gestiegen ist, wurde bereits in der Antike über die gesundheitliche Relevanz des Verdauungstraktes spekuliert. Doch wie eng der Darm mit anderen Organen über Nervenzellen, Hormone, Neurotransmitter und andere Metaboliten in Verbindung steht und welchen Stellenwert er für einen gesunden Stoffwechsel dieser Organe hat, wird gerade erst tiefgründig erforscht. Neben der bekannten Darm-Hirn-Achse gibt es inzwischen auch Ergebnisse, die auf eine Darm-Lungen-Achse, Darm-Nieren-Achse, Darm-Knochen-Achse hinweisen – sowohl im physiologischen als auch im pathophysiologischen Kontext.

Mikroflora: Besser bei Rugby-Spielern als bei Couch-Potatoes!

In einem früheren Artikel haben wir bereits die Darm-Muskel-Achse in Bezug auf  Alterung diskutiert. Vor einigen Monaten ist nun eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit erschienen, die diverse Untersuchungsergebnisse zum Thema aufgreift und die Relevanz der Wechselwirkungen zwischen körperlicher Aktivität und mikrobieller Darmflora diskutiert. Die am meisten zitierte Studie in diesem Zusammenhang ist eine sogenannte Fall-Kontroll-Studie von 2014, in der die Wissenschaftler zeigen konnten, dass die mikrobielle Vielfalt (eine hohe Vielfalt ist der Indikator für eine gesunde Darmflora) im Darm professioneller Rugby-Spieler deutlich höher war als bei Nicht-Sportlern.

Ökosystem Mensch: Bewegung stimuliert Butyratbildung!

Eine vielfältige Darmflora und das Überwiegen gesundheitsfördernder Bakterienstämme geht mit einer Erhöhung kurzkettiger Fettsäuren einher, hauptsächlich Butyrat, Propionat und Acetat. Diese sind nicht nur wichtig für den Zellstoffwechsel der Darmwand, was sie widerstandsfähiger gegen Schadstoffe macht und deren Eintritt in die Blutbahn verhindert, sondern  dienen auch als Nahrungsquelle für andere Darmbakterien. Auf diese Weise wirken sie positiv regulierend auf das Immunsystem ein – wahrscheinlich sogar im zentralen Nervensystem! Ein Gleichgewicht im Ökosystem der Darmbakterien hat somit weitreichende gesundheitsförderliche Wirkungen. Zudem konnte gezeigt werden (wenn auch nur in einem Rattenmodell), dass regelmäßiges, freiwilliges Bewegen über einen Zeitraum von 5 Wochen die Konzentration von Butyrat (4.87 à 8.14 μmol/g) im Blinddarm im Gegensatz zum Acetat (41.7 à 43.9μmol/g) und Propionat (15.2 à 16.6μmol/g) signifikant erhöht. Eine Zunahme an Butyrat konnte kürzlich auch im Stuhl von Menschen beobachtet werden, die sich über einen Zeitraum von 6 Wochen (3x/W) erst moderater und dann intensiver Bewegung aussetzen. Der Effekt ist bei übergewichtigen Personen jedoch deutlich reduziert. In einer Follow-up-Untersuchung 6 Wochen nach Beendigung der Bewegungsintervention hatte sich dieser positive Effekt wieder in Luft zerstäubt.

Darm-Muskel-Achse: Wo ist der Zusammenhang?

Wie eine gesunde Darmflora nun die Muskelphysiologie beeinflusst, wird in der erwähnten Übersichtsarbeit klar herausgestellt. Eine sogenannte Dysbiose hat u.a. folgende Auswirkungen:

  • Die Verfügbarkeit wichtiger Aminosäuren aus der Nahrung nimmt ab = Muskelwachstum ist beeinträchtigt
  • Die Synthese von B-Vitaminen nimmt ab = Muskelwachstum, antioxidative Kapazität und Regeneration sind beeinträchtigt
  • Die Verstoffwechselung von sekundären Pflanzenstoffen nimmt ab = die Mitochondrien (Energiekraftwerke) in den Muskelzellen verlieren an Effizienz und die antioxidative Kapazität ist beeinträchtigt (Resultat: Muskelschwäche)
  • Abnehmende Synthese kurzkettiger Fettsäuren = Muskelwachstum ist beeinträchtigt

 

 

Abb. 1: Einfluss diverser Faktoren auf die Darmflora und mögliche Konsequenzen. Dysbiose = ungünstiges Verhältnis von guten zu schlechten Darmbakterien.

 

Huhn oder Ei: Was kommt zuerst – Dysbiose oder Krankheit?

Die o.a. Grafik verlangt nach einer detaillierteren Beschreibung, damit sie besser nachzuvollziehbar ist: Eine akute hochintensive Belastung scheint der Darmflora nicht zuträglich zu sein. Studien zeigen, dass eine temporäre, bewegungsinduzierte Minderversorgung des Darms mit oxidativem Stress und Hitzestress sowie mit der Verminderung schützender Antikörper in der Darmschleimhaut verbunden ist. Über mehrere Wochen durchgeführte hochintensive Bewegungsbelastungen zeigen allerdings auch viele positive Effekte auf z.B. das Immunsystem und bestimmte Gehirnfunktionen, sodass auch ein positiver Effekt einer solchen Intervention auf die Darmflora nicht auszuschließen ist.

Neben hohen körperlichen Belastungen ist seit langem bekannt, dass viele Krankheiten die Darmflora beeinträchtigen. Dabei ist allerdings unklar, was zuerst kommt: die Dysbiose oder die Krankheit? Medikamenteneinnahme und Alterung gehen per se mit einer Dysbiose einher. Demgegenüber wirkt ein aktiver Lebensstil mit täglich moderater Bewegung und eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung (v.a. Verzicht auf Fertigprodukte und übermäßiger Fleischkonsum) positiv-modulierend auf die Darmflora ein. Die Effekte: verringerte Darmdurchlässigkeit, reguliertes Immunsystem, Produktion wichtiger Signal- und Nährstoffe, die nicht nur im Darm vorteilhaft wirken. Im Sinne der Darm-Muskel-Achse könnte somit ein gesundes und funktionierendes Ökosystem im Darm dem altersbedingten Muskelabbau (= Sarkopenie) entgegenwirken und die neuronale Ansteuerung aufrechterhalten, was sich positiv auf die Kraftfähigkeit im Alter auswirkt.

Polypille Bewegung: Bringen Muskeln die Darmflora auf Trab?

Die meisten Assoziationen, die eine Darmdysbiose mit Erkrankungen des Muskels, der Niere, der Lunge oder des zentralen Nervensystems verbinden, wurden allerdings in Querschnittsstudien oder an Tiermodellen nachgewiesen. Zudem handelt es sich häufig um Vermutungen über einen kausalen Zusammenhang. Längsschnittstudien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung der Darmflora und dem Ausbruch oder dem Verlauf einer Erkrankung belegen könnten, fehlen bislang (noch). Daher ist es aktuell noch nicht möglich, klinische Ratschläge zu geben.

Aus diesem Grund plädieren die Autoren des Übersichtsartikels für die Intensivierung der Forschung in diesem Feld. Bewegung ist immerhin eine der wichtigsten und gleichzeitig erfolgreichsten Stellschrauben der Gesundheitsbildung. Zu zeigen, welche Bewegungs- oder Trainingsformen bei verschiedenen Erkrankungen oder als Prävention (z. B. bei Risikogruppen) die besten Ergebnisse hinsichtlich einer Veränderung der Darmflora erzielen, ist von hoher klinischer Relevanz. Vielleicht kann irgendwann sogar demonstriert werden, dass sich die Fitness bei Menschen mit gesunder Darmflora leichter aufbauen lässt, als bei einer fehlregulierten Darmflora. Wie dem auch sei: Das Thema bleibt spannend!

 

Quellen:

  • Ticinesi, A. et al. Exercise and immune system as modulators of intestinal microbiome: implications for the gut-muscle axis hypothesis. Exerc Immunol Rev. (2019);25:84-95.
  • Clarke, S.F. et al. Exercise and associated dietary extremes impact on gut microbial diversity. Gut 63: 1913-1920, 2014.
  • Matsumoto, M. et al. Voluntary running exercise alters microbiota composition and increases n-butyrate concentration in the rat cecum. Biosci Biotechnol Biochem. 2008 Feb;72(2):572-6.
  • Allen, J.M. et al. Exercise alters gut microbiota composition and function in lean and obese humans. Med Sci Sports Exerc. 2018 Apr;50(4):747-757.
  • Cryan, J.F. & Dinan, T.G. Microbiota and neuroimmune signalling – Metchnikoff to microglia. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2015 Sep;12(9):494-6.

SÜßES GIFT: Wie Fruchtzucker uns die Gesundheit versäuert!

Honig – das süße Gold des Homo Sapiens seit über 2 Mio Jahren. Durch seinen relativ hohen Anteil an Fruchtzucker (Fruktose) mit seiner hohen relativen Süßkraft (2 bis 2,5-fach süßer als Traubenzucker (Glukose)) war es eine attraktive, wenn auch sehr seltene Nahrungsquelle. Wurde Honig gefunden und erobert, war es förderlich so viel davon zu essen wie möglich. Während die kalorische Wertigkeit gleich ist, wird die Fruktose hauptsächlich zu Triglyceriden umgewandelt und als wertvolle Energiereserve gespeichert. Da Fruktose im Gegensatz zu Glukose keine Insulinausschüttung (u.a. auch ein Sättigungshormon) induziert, ist der Sättigungseffekt deutlich abgemildert. Man konnte also essen, bis man platzt, so eine gängige Vermutung. An Menschen und Tieren konnte jedoch nachgewiesen werden, dass die Aufnahmefähigkeit von Fruktose über Darm bereits ab einer Menge von 5g (Mensch) bzw. 1g/kg Körpergewicht (Maus) deutlich abnimmt.

Heutzutage hat der hohe Konsum von Honig und anderen fruktosereichen Nahrungsmitteln, allen voran die mit verarbeitetem Maissirup (engl. High-Fructose Corn Syrup (HFCS) = 45% Glukose, 55% Fruktose), beträchtliche gesundheitliche Konsequenzen. Da die Produkte in den meisten Fällen nicht nur gut schmecken, sondern auch in jedem Supermarkt zu den erschwinglichsten Preisen zu haben sind, ist der Konsum weit verbreitet. Aber was macht Fruktose zu einem solchen „Bad Player“, dass Wissenschaftler bereits davon sprechen „den übermäßigen Fruktosekonsum als Umwelttoxin mit beträchtlichen gesundheitlichen Folgen zu betrachten“ [Johnson, 2010]?

Tierstudien belegen: Tumore sind Fruktose-geil!

In einer aktuellen Untersuchung der Arbeitsgruppe um Lewis Cantley aus New York kamen ein paar beeindruckende Ergebnisse zustande, die in einer der relevantesten wissenschaftsorientierten Fachzeitschriften veröffentlicht wurden (Abb. 1 A-E). Obwohl die Untersuchung an Mäusen durchgeführt wurde, geben die Ergebnisse detaillierte Einblicke in die Verstoffwechselung von Fruktose in Krebszellen. Hierzu wurde in Mäusen ein Gen, welches Tumorwachstum im Darm hemmt, künstlich inaktiviert. Der Ansatz war insofern interessant, als dass die Fruktoseaufnahme in Form von HFCS über einen Zeitraum von 8 Wochen auf nur 3% des täglichen kalorischen Bedarfs beschränkt wurde. Damit wurde eine signifikante HFCS-induzierte Gewichtszunahme verhindert. Dennoch konnte gezeigt werden, dass sowohl das Tumorwachstum als auch die Bösartigkeit des Tumors durch den Fruktosekonsum alleine gesteigert wurde (Abb. 1 D und E) – unabhängig von der Entwicklung von Übergewicht und heftigen metabolischen Entgleisungen, wie sie in den industrialisierten Ländern jeden Zweiten betreffen.

Zudem ist die Verstoffwechselung von Fruktose insofern tückisch, als dass sie im Gegensatz zur Glukose nicht durch eine negative Rückkopplung gehemmt wird. Die Verstoffwechselung verbraucht viel Energie in Form von ATP, sodass ein hoher Fruktosekonsum lokale Energiespeicher (v.a. in der Leber als verstoffwechselndes Organ) entleert. Wie amerikanische Forscher herausfanden, deuten erniedrigte hepatische ATP-Reserven nach Fruktoseaufnahme darauf hin, dass ein hoher Fruktosekonsum die Energiespeicher der Leber gewissermaßen entleeren könnte und somit das Risiko erhöht, schlimmere Stoffwechselprobleme und möglicherweise sogar Leberschäden zu verursachen.

Die Leber ist das Entgiftungsorgan schlechthin – ob durch einen hohen Fruktosekonsum die Energie für etwaige Entgiftungsfunktionen fehlt, ist denkbar. Für diese Vermutung gibt es bisher jedoch noch keine konkreten Ergebnisse. Zudem wird über viele Stoffwechselschritte Harnsäure (Urat/Uric acid) gebildet, was bekanntlich gesundheitliche Risiken birgt und in der Schulmedizin nur mit einem erhöhten Fleischkonsum assoziiert wird.

Um nochmal auf die Untersuchung von Fruktose auf Tumorgewebe in Mäusen zurückzukommen: Auch hier wurde beobachtet, dass die Tumorzellen verstärkt Fruktose verstoffwechseln und dadurch u.a. auch die Produktion an Fettsäuren in den Zellen zunimmt und die Energielevel sinken (Abb. 1 A) bzw. die Stoffwechselprodukte stark zunehmen (Abb. 1 B). Sind Tumorzellen also fruktosegeil? Und fördern wir durch täglichen Konsum von gesüßten Nahrungsmitteln, allen voran Süßgetränke, die Entstehung und das Wachstum von lebensgefährlichen Tumorgeweben?

 

 
Abb. 1: A) ATP Verfügbarkeit in Tumorzellen. B) relative Häufigkeit von Stoffwechselprodukten des Energiestoffwechsels und des Recyclings C) Abbau von Glukose (links) und Fruktose (rechts, roter Kasten) sowie die weitere Verstoffwechslung des ADP unter der Bildung von Harnsäure (Urat). D) Die Größe des Tumorsdurchmessers. E) Prozentuale Häufigkeit bösartiger Tumore. Beachte: ca. 80% der „Fruktose-behandelten“ Mäuse entwickeln einen bösartigen Tumor. APC: Gen, welches Tumorwachstum hemmt; APC-/-: Mäuse, die das APC-Gen nicht besitzen (Modifiziert nach: Goncalves 2019).

 

Natürlich ist Obst deshalb noch lange kein No-Go! Greife regelmäßig zu Obst mit guter Qualität, denn die darin enthaltenen Ballaststoffe verlangsamen die Aufnahme der Fruktose und bilden die Grundlage für das Wachstum gesunder Darmbakterien.

 

Literatur:

  • Goncalves, M.D. et al. High-fructose corn syrup enhances intestinal tumor growth in mice. Science 22 Mar 2019: Vol. 363, Issue 6433, pp. 1345-1349 DOI: 10.1126/science.aat8515
  • Johnson, R.J., Sanchez-Lozada, L.G. & Nakagawa, T.The effect of fructose on renal biology and disease. J Am Soc Nephrol. 2010 Dec;21(12):2036-9. doi: 10.1681/ASN.2010050506
  • Abdelmalek, M.F. et al. Higher dietary fructose is associated with impaired hepatic adenosine triphosphate homeostasis in obese individuals with type 2 diabetes. Hepatology. 2012 Sep;56(3):952-60. doi: 10.1002/hep.25741
  • Rumessen, J.J. & Gudmand-Høyer, E. Absorption capacity of fructose in healthy adults. Comparison with sucrose and its constituent monosaccharides. Gut. 1986 Oct; 27(10): 1161–1168. PMID: 3781328
  • https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-432016/fructose-moeglicher-ausloeser/

FOOD TRENDS: Stehen moderne Diätformen im Einklang mit unserer Evolution?

Keto, Paläo, Low Carb, Vegan – es wird viel darüber diskutiert und spekuliert, ob der Mensch nun ein Fleisch- oder ein Pflanzenfresser ist. Ganze “Glaubenskriege” entzünden sich inzwischen an dieser Frage. Aus evolutionärer Sicht: Auf welche Nahrung sind wir als Homo sapiens programmiert? Nicht so einfach zu beantworten, denn anthropologische Funde menschlicher Überreste stammen aus unterschiedlichen geografischen Regionen und Zeitepochen. Anhand dessen versuchen Paläoanthropologen die optimale Ernährung des Menschen abzuleiten. Fakt ist: Unsere nächsten stammbaumlichen Verwandten, die in Mittelafrika lebenden Schimpansen, sind Omnivoren (= Allesfresser). Schimpansen unterscheiden sich von Menschen genetisch um weniger als 2%.

Die führende Theorie über die Entwicklung des Menschen ist, dass Homo sapiens seit jeher pflanzliche Nahrung sammelt und Beutetiere jagd, indem er sie durch hartnäckige Verfolgung in die Müdigkeit treibt. Auf diese Weise beschaffen sich noch heute lebende Urvölker ihre Nahrung, wie die Hadza in Tansania oder die Tsimane im bolivianischen Urwald. In diesem Lichte scheint der Fleischverzehr ein integraler Bestandteil unserer Geschichte zu sein. War das reichhaltiges Proteinangebot unserer Vorfahren der Grundstein für die beispiellose menschliche Gehirnentwicklung, die uns zum alles dominierenden Lebewesen auf diesem Planeten werden ließ?

In der wissenschaftlichen Literatur werden vor allem der Verzehr von Meeresfrüchten und die darin enthaltenen Proteine und Fettsäuren (Omega-3) als möglicher Auslöser der gehirnentwicklung diskutiert. Einige menschliche Organe sind für ein “Säugetier” unserer Größe verhältnismäßig klein. Die hierdurch eingesparte Energie könnte unserem Denkapparat schließlich zu einem schnellen Wachstum verholfen haben. Die Paläoanthropologen Leslie Aiello und Peter Wheeler nehmen in ihrer berühmten „Expensive Tissue Hypothesis“ (1995) an, dass der energetische Konflikt zwischen den beiden hochenergieintensiven Organen Gehirn und Darm durch Errungenschaften wie dem Kochen zugunsten des Gehirnwachstums ausgefallen sei. Tatsächlich ist der sogenannte Enzephalisationsquotient (EQ: Maß für die relative Größe des Gehirns; >1 = das Gehirn ist schwerer als erwartet) beim Homo sapiens mit 7.6 der mit Abstand größte aller Säugetiere. Die ältesten gesicherten Feuerstellen, die zweifelsfrei durch Vorfahren des Homo sapiens angelegt wurden, stammen aus der Wonderwerk-Höhle in Südafrika. Sie sind etwa 1.7 Millionen Jahre alt – also ungefähr zu Lebzeiten des Homo Erectus. Ungesicherte Quellen gehen von einem EQ beim Homo Erectus von 5.0 aus. Folglich ist der EQ seit dem Beginn der Feuernutzung um etwa 50% angestiegen. Allerdings schätzt man den EQ des Australopithecus Afarensis (lebte vor 2.9 Millionen Jahren) auf 2.2 ein. Dementsprechend wäre der EQ in 1.2 Millionen Jahren auch ganz ohne den Einsatz des Feuers um mehr als 100% auf 5.0 angestiegen. Die Relevanz des Feuers bleibt also zu hinterfragen. In der Konsequenz findet die „Expensive Tissue Hypothesis“ deshalb wissenschaftliche Für- und Gegensprecher. Eine Kritik von einer Züricher Arbeitsgruppe wurde sogar in der hochangesehenen Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.

 

 

 
Abb. 1: Enzephalisationsquotienten (EQ) ausgewählter Säugetiere. Der EQ wird hier mit der Katze (=1) als Referenz normiert.

 

Einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 in Nordafrika zufolge (Takarkori und Uan Afuda in der libyschen Sahara) deuten archäobotanische Nachweise von verkohlten und ausgetrockneten Pflanzenstoffen darauf hin, dass Jäger und Sammler aus dem frühen Holozän routinemäßig ein breites Spektrum an pflanzlichen Ressourcen nutzten. Damit wurde der früheste direkte Nachweis (8.200-6.400 vor Christus) für die Verarbeitung von Pflanzen in Keramikgeschirr geliefert. Dennoch kann auf der Basis dieser Daten nicht abschließend beurteilt werden, wie das Verhältnis zwischen pflanzlicher und tierischer Nahrung unserer Vorfahren war.

Neandertaler gelten gemeinhin als Fleischfresser und Jäger großer Säugetiere. Diese gängige Behauptung wurde in den vergangenen Jahren allerdings durch zahlreiche Beweise für einen (wahrscheinlich) ausgeprägten Pflanzenkonsum in Frage gestellt. In einer aktuellen Untersuchung wirft die in der Paläoanthropologie oft genutzte Isotopenanalyse an einzelnen Aminosäuren in Kollagenproben von Neandertalern ein neues Licht auf ihre potentielle Kost: Die Forscher lehnen sich weit aus dem Fenster und behaupten: Die Hauptnahrungsquelle der Neandertaler sei definitiv Fleisch gewesen. Ob dies nun der Grund für sein Ableben war, könnte von Veganern und Vegetariern als Argument herangezogen werden, bleibt aber reine Spekulation.

Und wie sieht nun die optimale Homo sapiens Diät aus? Bei genauerer Betrachtung muss man (leider) zu dem Ergebnis kommen: Nichts Genaues weiß man nicht, obwohl häufig postuliert wird, dass der Körper tierische Eiweiße brauche, um einen Großteil der essentiellen Stoffe produzieren zu können. Nicht ohne Grund ist der Mensch durch seine Zahn- (Beiß-, Reiß- und Eckzähne [Fleischfresser] und Kaumolaren [Pflanzenfresser]) und Darmstruktur ein Allesfresser. Fakt ist: Der Verzehr sowohl Wildfleisch als auch von (vielen) unbehandelten Pflanzen ist gesundheitsförderlich. Der Verzehr von hohen Mengen (rotem) Fleisch ohne regelmäßige körperliche Aktivität kann jedoch gesundheitliche Bedenken aufwerfen, während eine hauptsächlich pflanzliche Kost in der wissenschaftlichen Literatur kaum bis gar nicht hinterfragt wird. Ethisch basierter Vegetarismus ist absolut nachvollziehbar. Wenn uns die Evolution jedoch genetisch darauf programmiert hat, wählerisch sein zu dürfen, warum sollten wir diese Flexibilität nicht nutzen?

 

Quellen:

  • Ruiz-Núñez, B. et al. Lifestyle and nutritional imbalances associated with Western diseases causes and consequences of chronic systemic low-grade inflammation in an evolutionary context. J Nutr Biochem. 2013 Jul;24(7):1183-201.
  • Aiello, L.C. & Wheeler, P. The expensive-tissue hypothesis_The brain and the digestive system in human and primate evolution. Current Anthropology 36, no. 2 (Apr., 1995): 199-221.
  • Tsuboi, M. et al. Comparative support for the expensive tissue hypothesis: Big brains are correlated with smaller gut and greater parental investment in Lake Tanganyika cichlids. Evolution. 2015 Jan; 69(1): 190–200.
  • Navarrete, A. et al. Energetics and the evolution of human brain size. Nature. 2011 Nov 9;480(7375):91-3.
  • Dunne, J. et al. Earliest direct evidence of plant processing in prehistoric Saharan pottery. DOI: 10.1038/nplants.2016.194
  • Jaouen, K. et al. Exceptionally high δ15N values in collagen single amino acids confirm Neandertals as high-trophic level carnivores. DOI: 10.1073/pnas.1814087116