Irrtum oder Betrug? Warum gesättigte Fette bis heute verteufelt werden!

Vor hundert Jahren wäre man schräg angeschaut worden, hätte man Speck mit Eiern aus Angst vor erhöhtem Cholesterin abgelehnt. 50 Jahre später sah das schon ganz anders aus: Die Wissenschaft erklärte den gesättigten Fettsäuren den Krieg, denn Studien wiesen scheinbar unmissverständlich darauf hin, dass der Konsum von gesättigten Fettsäuren der Auslöser für Herzerkrankungen ist. Vorne mit dabei: Ancel Keys, der mit seiner 7-Länder-Studie zweifelhafte Berühmtheit erlangte. Keys konnte eine lineare Beziehung durch 7 Länder zeichnen, die vermeintlich belegte, dass sich Butter und Schmalz direkt in den Arterien einlagern. Der gute Mann hatte allerdings 22 Ländern unter die Lupe genommen. Warum aber kamen nur 7 Ländern in seine engere Auswahl? Ganz einfach: Die anderen 15 Staaten passten nicht in seine gewünschte Korrelation und wurden schlichtweg ignoriert. Auf diese Weise begann eine unsägliche 50-jährige Geschichte, in der Menschen aus Angst vor Herz- und Hirninfarkt gesättigte Fettsäuren vermieden. Im Gegenzug begann der Siegeszug der stark zuckerhaltigen Lebensmittel und die Lobhudelei vermeintlich „gesunder“ Pflanzenöle.

Zum Glück bleibt die Wissenschaft nicht stehen. Im Laufe der Zeit konnte dieses hartnäckige Dogma nach und nach in seine Einzelteile seziert werden. Heute sind Ernährungsformen wie Low-Carb/High-Fat (LCHF) oder die ketogene Ernährung en vogue. Und wenn es um gesättigte Fettsäuren geht, mangelt es schon lange nicht mehr an Untersuchungen, die die positiven Effekte für unsere Gesundheit herausstellen. Grund genug, nach einer 50-jährigen Debatte wieder ohne schlechtes Gewissen mit Ei und Speck in den Tag zu starten?

Was sind eigentlich gesättigte Fettsäuren – wo sind sie drin?

Fettsäuren, die ihre freien Kohlenstoff-Verbindungen mit Wasserstoff gesättigt haben, werden biochemisch als gesättigte Fettsäuren bezeichnet. Gesättigte Fettsäuren finden wir in so ziemlich allen Nahrungsmitteln, die Fett enthalten. Vor allem kommen sie vor in Butter, Kokosöl, Speck, Nüssen und Samen, aber auch in Milchprodukten, fettigem Gebäck wie Blätterteig und Keksen und anderen Süßwaren.

Gesättigte Fette sind bei normaler Raumtemperatur fest und generell recht stabil, wenn es um das Braten und Zubereiten von Speisen unter Hitze geht. Wie alle anderen Fette besitzen sie 9 kcal pro Gramm an Energie. Generell kommen in der Natur keine fettreichen Nahrungsmittel mit nur einer Fettsäure vor. Selbst Nahrungsmittel wie Öl oder Butter enthalten immer auch ein- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.

Die Uhr der Wissenschaft dreht sich weiter – Irrtum erkannt?

Wie gesagt, der Schrecken der 50er-Jahre (der bis heute in vielen Köpfen verankert ist) entstand durch Key´s Entdeckung, dass Cholesterin angeblich mit einer erhöhten Rate an Herz-Kreislauferkrankungen korreliert. Zu diesem Zeitpunkt konnte man allerdings noch nicht zwischen LDL- und HDL-Cholesterin unterscheiden. Auch war sich die Forscherwelt noch nicht über die lebensnotwendigen Funktionen von Cholesterin in unserem Organismus im Klaren. Das einzige, was man vor 60 Jahren in den USA beobachten konnte, war ein drastischer Anstieg der Herzkreislauferkrankungen. Die genaue Ursache kannte man allerdings noch nicht.

Da Studien darauf hinwiesen, dass gesättigte Fettsäuren den Cholesterinwert anheben, war der Feind schnell gefunden, ohne je eine direkte Verbindung zwischen gesättigten Fetten und einem kranken Herzen zu belegen1. Endlich einem greifbaren Gegner gegenüberstehend, richtete sich die Welt fortan gegen die “bösen” gesättigten Fette. Es brauchte viele Jahrzehnte, um zu erkennen, dass dieses ungeschriebene Gesetz zwischen gesättigtem Fett und Erkrankungen wie Arteriosklerose und Diabetes Typ 2 überhaupt nicht existiert 2.

Von daher bedarfs es wie so häufig einer differenzierten Betrachtung: Während LDL-Cholesterin (Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin) im Laufe der letzten 50 Jahre als ungesund abgestempelt wurde, sprach man dem „guten“ HDL-Cholesterin (High-Density-Lipoprotein-Cholesterin) sogar eine gesundheitsfördernde Rolle für das Herz zu 3–5. Wichtig zu wissen: Sowohl LDL als auch HDL sind zunächst einmal ganz neutrale Lipoproteine, die eine wichtige Transportfunktion im Körper übernehmen. So befördern sie Fettsäuren, Phospholipide und im Falle von LDL die fettlöslichen Vitamine A und E – allesamt Substanzen, die im Organismus wichtige Funktionen ausüben 25!

Nichtsdestotrotz beharrten zahlreiche Studien darauf, dass ein erhöhter LDL-Spiegel negative Effekte auf die Gesundheit ausübt. Grundlegend sei aber nicht nur die Gesamtmenge an LDL, sondern auch dessen Verhältnis zu HDL entscheidend. Diese Erkenntnisse begannen mit der Zeit, das „böse“ LDL zu entlasten. Denn wie die neuere Studienlage zeigen konnte, bewirken gesättigte Fettsäuren nicht nur einen Anstieg von LDL, sondern auch von HDL 2,4! Ganz zu schweigen davon, dass man bis heute keine direkte Verbindung zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren und Herz-Kreislauferkrankungen finden konnte. LDL als bösartigen Übeltäter zu verteufeln, ist also schlichtweg falsch!

sdLDL – der wahre Übeltäter in der Lipoprotein-Familie?

Wurde dem LDL-Cholesterin also zu Unrecht ein negativer Stempel aufgedrückt? Nicht ganz – denn ein kleiner Teil scheint tatsächlich negative Auswirkungen zu haben? Die Rede ist von sehr kleinen, dichten LD-Lipoproteinen (sdLDL). Dieser LDL-Sub-Typus neigt aufgrund seiner winzigen Größe verstärkt dazu, sich in vorgeschädigten Gefäßwänden einzulagern 26. Auch der Abtransport wird erschwert, was sein Oxidationspotential zusätzlich erhöht. Entsprechend wird sdLDL heute als Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose betrachtet – gleichzeitig entlastet es aber das größere, „fluffige“ LDL 6-9!

Bis dato wurde LDL in Blutanalysen standardmäßig auf die vorhandene Gesamtmenge untersucht (mg/dl). Da dieser Wert aber keinerlei Aussage darüber treffen kann, ob es sich um normales LDL oder sdLDL handelt, wurde ein neues Verfahren standardisiert, nämlich das Zählen der LDL-Partikel. Dieser Wert wird als LDL-p bezeichnet 10-12 und kann bei erhöhtem Vorkommen als Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose betrachtet werden.

Im weiteren Verlauf belegten inzwischen zahlreiche Studien, dass gesättigte Fettsäuren allgemein keineswegs die Cholesterinwerte anheben. Vielmehr wies man darauf hin, dass die Länge der Fettsäuren eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Um ein Beispiel zu nennen: Während Palmitinsäure (16 Kohlenstoffatome) LDL erhöht, zeigte Stearinsäure (18 Kohlenstoffatome) keinen Effekt 13,14. Tatsächlich gibt es sogar gesättigte Fettsäuren, die LDL-p reduzieren und mehr von dem großen LDL-Cholesterinmolekülen produzieren 15–17.

Alles andere als schlecht – sind gesättigte Fettsäuren sogar gesund?

Viele Untersuchungen wurden durchgeführt, um eine fettarme Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten und “gesunden“ Pflanzenölen zu rechtfertigen. Die 2006 publizierte “Women’s Health Initiative“ war eine der größten Studien mit fast 47.000 Frauen, die über 7 Jahre einer fettarmen Ernährung folgten. Das Ergebnis war ernüchternd. In der gesamten Zeit wurden durchschnittlich pro Person 0,4 Kg an Gewicht verloren. Jegliche Daten im Kontext von Krebs, Herzerkrankungen und Todesfällen zeigten im Durchschnitt keinerlei Veränderung 20–22. Vielmehr veranschaulichten sie, dass Probanden, die vermehrt Pflanzenöle konsumierten, eine erhöhte Todesrate aufwiesen 23,24. Und weiter ernüchternd muss man heute (leider) feststellen, dass seit den fettarmen Richtlinien die weltweite Fettleibigkeit immer weiter ansteigt. Abgesehen davon sind gesättigte Fettsäuren nicht nur schmackhaft. Bei guter Qualität (und das ist der entscheidende Punkt) liefern sie uns eine Fülle von Nährstoffen, fettlöslichen Vitaminen und einen elementaren Grundbaustoff für unser Hormonsystem – Cholesterin!

 

Quellen:

  1. The diet–heart hypothesis: a critique. Journal of the American College of Cardiology 43, 731–733 (2004).
  2. Saturated fat and cardiovascular disease: The discrepancy between the scientific literature and dietary advice. Nutrition 28, 118–123 (2012).
  3. Ridker, Rifai, Rose, Buring & Cook. Comparison of C-Reactive Protein and Low-Density Lipoprotein Cholesterol Levels in the Prediction of First Cardiovascular Events. The New England Journal of Medicine 347, 1557–1565 (2002).
  4. The ‘Good Cholesterol’. Circulation 111, e89–e91 (2005).
  5. Rahilly‐Tierney, Lawler, Scranton & Gaziano. Low‐Density Lipoprotein Reduction and Magnitude of Cardiovascular Risk Reduction. Preventive Cardiology 12, 80–87 (2009).
  6. Heterogeneity of plasma low-density lipoproteins and atherosclerosis risk. Current Opinion in Lipidology 5, 339 (1994).
  7. Campos et al. Low density lipoprotein particle size and coronary artery disease. Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology 12, 187–195 (1992).
  8. Gardner, Fortmann & Krauss. Association of Small Low-Density Lipoprotein Particles With the Incidence of Coronary Artery Disease in Men and Women. JAMA 276, 875–881 (1996).
  9. Packard, Caslake & Shepherd. The role of small, dense low density lipoprotein (LDL): a new look. International Journal of Cardiology 74, S17–S22 (2000).
  10. Tribble, Krauss, Lansberg, Thiel & JJVD, B. Greater oxidative susceptibility of the surface monolayer in small dense LDL may contribute to differences in copper-induced oxidation among LDL density subfractions. Journal of lipid research 36, 662–71 (1995).
  11. Chait, Brazg, Tribble & Krauss. Susceptibility of small, dense, low-density lipoproteins to oxidative modification in subjects with the atherogenic lipoprotein phenotype, pattern B. The American Journal of Medicine 94, 350–356 (1993).
  12. Austin et al. Low-Density Lipoprotein Subclass Patterns and Risk of Myocardial Infarction. JAMA 260, 1917–1921 (1988).
  13. STULB, NOUGH, GREENBERG & HACG. THE RELATIONSHIP OF NUTRIENT INTAKE AND EXERCISE TO SERUM CHOLESTEROL LEVELS IN WHITE MALES IN EVANS COUNTY, GEORGIA. The American Journal of clinical nutrition 16, 238–42 (1965).
  14. Mensink, Zock, ADM, K. & Katan. Effects of dietary fatty acids and carbohydrates on the ratio of serum total to HDL cholesterol and on serum lipids and apolipoproteins: a meta-analysis of 60 controlled trials. The American journal of clinical nutrition 77, 1146–55 (2003).
  15. Dreon et al. Change in dietary saturated fat intake is correlated with change in mass of large low-density-lipoprotein particles in men. The American journal of clinical nutrition 67, 828–36 (1998).
  16. Dreon, Fernstrom, Miller & Krauss. Low-density lipoprotein subclass patterns and lipoprotein response to a reduced-fat diet in men. FASEB journal : official publication of the Federation of American Societies for Experimental Biology 8, 121–6 (1994).
  17. Siri-Tarino, Sun, Hu & Krauss. Saturated fat, carbohydrate, and cardiovascular disease. The American Journal of Clinical Nutrition 91, 502–509 (2010).
  18. Dreon, Fernstrom, Williams & Krauss. Reduced LDL particle size in children consuming a very-low-fat diet is related to parental LDL-subclass patterns. The American journal of clinical nutrition 71, 1611–6 (2000).
  19. Volek et al. Carbohydrate Restriction has a More Favorable Impact on the Metabolic Syndrome than a Low Fat Diet. Lipids 44, 297–309 (2009).
  20. SAA, B. et al. Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Colorectal Cancer: The Women’s Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial. JAMA 295, 643–654 (2006).
  21. Howard et al. Low-Fat Dietary Pattern and Weight Change Over 7 Years: The Women’s Health Initiative Dietary Modification Trial. JAMA 295, 39–49 (2006).
  22. Prentice et al. Low-Fat Dietary Pattern and Risk of Invasive Breast Cancer: The Women’s Health Initiative Randomized Controlled Dietary Modification Trial. JAMA 295, 629–642 (2006).
  23. Ramsden et al. Use of dietary linoleic acid for secondary prevention of coronary heart disease and death: evaluation of recovered data from the Sydney Diet Heart Study and updated meta-analysis. Bmj 346, (2013).
  24. Ramsden, C., Hibbeln, J., Majchrzak, S. & Davis, J. n6 Fatty acid-specific and mixed polyunsaturate dietary interventions have different effects on CHD risk: a meta-analysis of randomised controlled trials. British Journal of Nutrition 104, 1586–1600 (2010).
  25. Tall, A. R., Yvan-Charvet, L., Terasaka, N., Pagler, T., & Wang, N. (2008). HDL, ABC transporters, and cholesterol efflux: implications for the treatment of atherosclerosis. Cell metabolism, 7(5), 365-375.
  26. https://www.imd-berlin.de/fileadmin/user_upload/Diag_Info/305_sdLDL.pdf

Schwer verdaulich: Ballaststoffe als Treibstoff für die Darm-Hirn-Achse!

Grünzeug bleibt bei Kindern und Jugendlichen gerne auf dem Teller liegen. Doch Brokkoli, Salatgurken, Möhren und Co. sind nicht nur vollgepackt mit Mikronährstoffen, die unsere 100 Billionen Körperzellen mit lebenswichtigen Mineralien, Spurenelementen und Antioxidantien versorgen – auch der vermeintliche Abfall hat seinen Nutzen! Ballaststoffe in Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen etc. füllen nicht nur den Magen, sondern dienen auch Bakterien im Dickdarm als Fermentationsquelle. Vor allem die daraus produzierten kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) wie Propionat und Butyrat sind für unsere Gesundheit unglaublich wichtig. Aber keine Sorge: SCFAs machen alles andere als dick.

Mehr als nur Abfall: Ballaststoffe sind Treibstoff für dein Immunsystem!

Die Wirkungsweise kurzkettiger Fettsäuren im Überblick:

  • Verbesserte Immunfunktion durch Stimulierung von regulatorischen T-Zellen [1]
  • Reduktion entzündlicher Prozesse [2]
  • Produktion von Hormonen [3]
  • stabilere Darmschleimhaut [4].

Zwar steckt die Darmforschung noch in den Kinderschuhen, aber vieles lässt sich bereits heute aus Beobachtungsstudien ableiten. So wurde z.B. festgestellt, dass Diabetiker weniger von der kurzkettigen Fettsäure Butyrat im Darm produzieren. Nehmen Diabetiker allerdings regelmäßig Metformin (das Standardpräparat zur Blutzuckerregulierung), dann steigen die Butyratwerte wieder an [8, 9]. Grund dafür ist offenbar die erhöhte Präsenz von Lactobazillen, die von Haus aus Butyrat produzieren. Auf der anderen Seite beschleunigt Metformin jedoch auch das Wachstum von E.coli, was die Antwort auf die oft begleitenden Darmstörungen von Diabetikern während einer Metformin-Behandlung sein könnte. Auch beim Thema Darmkrebs stehen präventivmedizinische Effekte mit Butyrat in Verbindung [5 – 7]. Studien zufolge reduziert Butyrat Entzündungen und Motilität im Darm. Dadurch werden Apoptose-Prozesse (programmierter Zelltod) und potentielles Tumorwachstum gehemmt.

Wenn es um die schlanke Linie geht, zeigt sich die Studienlage (noch) indifferent: Butyrat sorgt für ein schnelleres Sättigungsgefühl, einen reduzierten Körperfettanteil und eine verbesserten Insulinsensitivität. Diese Studien wurden allerdings mit Mäusen durchgeführt, denen Butyrat und eine sehr fettreiche Nahrung gefüttert wurde. Von daher ist fraglich, ob Tiermodelle eins zu eins auf den Menschen übertragbar sind [10]?

Ketone im Darm – Geheimwaffe gegen metabolische Erkrankungen und Krebs?

Wissenschaft ist nie absolut. Manche Daten gelten als gesichert, andere müssen wiederum durch vergleichbare Studien validiert werden. Ein Beispiel ist die Veränderung des pH-Wertes im Darm durch SCFAs. Kurzkettige Fettsäuren wirken signifikant hemmend auf das Potential pathogener Bakterien, sich im Darm weiter auszubreiten. Acetat beispielsweise unterstützt Bifidobakterien dabei, schädliche Darmbakterien zu unterdrücken [11]. Ebenso wurde festgestellt, dass Butyrat ein wichtiger Nährstoff für die Darmschleimhaut ist. Diese hilft dem Körper, die Kommunikation zwischen Immunsystem und der Darmflora zu verbessern und dadurch die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut zu regulieren. Dies ist vor allem für Krankheiten wie Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn von Interesse [12]. Aber auch im Stoffwechsel spielen kurzkettige Fettsäuren eine wichtige Rolle:

Während des intestinalen Absorptionsprozesses werden Teile der SCFAs, hauptsächlich Butyrat, von den Kolonocyten metabolisiert, während der Rest in die Leber transportiert wird. In der Leber werden die SCFAs zur Lipo- und Gluconeogenese herangezogen. Propionat dient hauptsächlich der Neubildung von Glucose, während Acetat und Butyrat für die Lipid-Biosynthese genutzt werden. [13]

Auf diese Weise werden dem Organismus Ketone zur Verfügung, die vor allem im Gehirn direkt verstoffwechselt werden können. Aufgrund leichter Verdaulichkeit können Ketone auch vielen anderen Körperzellen als schnell zugängliche Energiequelle dienen. Sorgen um die Entstehung von Übergewicht sind allerdings unangebracht: Um in einen kritischen Bereich zu gelangen, müsste quasi nonstop eine große Menge an Ballaststoffen zugeführt werden!

Ausreichend Ballaststoffe sollten also unbedingt Bestandteil einer gesunden Ernährung sein. Auch wenn die Effekte auf die Körperkomposition in der Wissenschaft noch kontrovers diskutiert werden, so gilt bereits heute als gesichert, dass Ballaststoffe  antiinflammatorisch und antikanzerogen wirken –  nicht schlecht für vermeintlichen Abfall!

Quellen:

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4258155/
  2. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25198138
  3. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3323649/
  4. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4523476/
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20346929
  6. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4346754/
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22797568
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4681099/
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23719380
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2699871/
  11. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21270894
  12. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4637104/
  13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4756104/

 

Kreatin – Fake Food oder Leistungssteigerung?

Viele Trainer und Athleten können ein Lied davon singen, was sie über die heilsbringenden Wirkungen von Kreatin schon so alles gehört und gelesen haben. Die klassischen Pumper lieben Kreatin, weil es die Muskeln so prall werden lässt. Leistungssportler hingegen berichten von verstärkter Neigung zu Krämpfen und Erhöhung des Verletzungsrisikos. Aber jenseits von Mythos und Märchen: Was bringt Kreatin unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten wirklich? Da Kreatin zu den am besten untersuchten Supplementen in der gesamten Sportszene gehört, hat die International Society of Sports Nutrition (ISSN) in diesem Jahr eine aktuelle Stellungsnahme mit Berücksichtigung von 269 Studien zum Thema veröffentlicht. Höchste Zeit also, sich der Wahrheit anzunähern.

Schnellzünder: Die Wirkung von Kreatin in der Zelle!

Vorab ein kleiner Exkurs zu den Basics: Kreatin (Cr) spielt eine wichtige Rolle in unserem Energiesystem. Der wasserlösliche Stoff wird aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin gebildet und befindet sich zu 90% in unseren Skelettmuskeln. Die höchsten Mengen in der Nahrung befinden sich in getrocknetem Fisch und Fleisch. Intrazellulär verbindet sich Kreatin mit freiem Phosphat (P) zu Kreatinphosphat (PCr). Unter körperlicher Belastung wird Kreatinphosphat wieder zu Kreatin und Phosphat gespalten, wodurch Phosphat ADP zu ATP regenriert. Dieser Prozess wird über das Enzym Kreatinkinase (CK) gesteuert. Unsere Energiewährung ATP wird somit in extrem kurzer Zeit wieder aufgeladen. Insbesondere bei anaerob-alaktaziden, maximal- bzw- sprintähnlichen Belastungsformen spielt die ATP-Verfügbarkeit durch Kreatinphosphat die führende Rolle. Das funktioniert allerdings nur für eine kurze Zeit, da die Kreatinspeicher in unserem Körper stark limitiert sind. Durchschnittlich befinden sich in magerer Muskelmasse etwa 120mmol/kg. Da Kreatin etwa zur Hälfte aus der Ernährung stammt (u.a. Fleisch und Fisch) und zur anderen Hälfte in Niere, Leber und Bauchspeicheldrüse synthetisiert wird, haben Vegetarier zwangsläufig einen niedrigeren Kreatinspeicher (ca. 90-110mmol/kg). Durch eine gezielte Supplementierung kann dieser Speicher allerdings bis zu 160mmol/kg gefüllt werden.

Positivliste: Kreatin bietet mehr als pralle Muskeln!

Mit einem erhöhten Kreatinspiegel im Muskel geht auch eine erhöhte Wassereinlagerung einher. Für die Sagenwelt der Kraftsportszene ist das der Grund, warum die Muskeln so prall werden. Aber führt Kreatin auch zu Muskelwachstum? Indirekt kann Kreatin tatsächlich zur Hypertrophie beitragen, denn durch die verbesserte Energieversorgung in kurzen Belastungssituationen von maximal 10 Sekunden, kann der Athlet im Training mehr Arbeit verrichten, was am Ende logischerweise zu höheren Anpassungserscheinungen führt – oder anders gesagt: Durch eine hohe Kreatinverfügbarkeit im Muskel ist der Athlet in der Lage, bei gleichem Gewicht eine Wiederholung mehr als gewöhnlich ausführen, wodurch eine stärkere Adaptation (Hypertrophie) provoziert wird.

Nun gut, soweit keine wirklich neuen Erkenntnisse für den wissenschaftlich interessierten Trainer oder Coach. In der aktuellen Stellungnahme der ISSN sind allerdings bis dato unbekannte Effekte von Kreatin zu entdecken. Dazu zählen:

  1. Verbesserte Regeneration: Studien zeigen, dass durch die Supplementation mit Kreatin die Glykogenspeicher schneller wieder aufgefüllt werden. Insbesondere nach intensiven Trainingseinheiten und in Trainingslagern kann dies von großem Vorteil sein.
  2. Verminderte Muskelschädigung: Studien zeigen, dass Schädigungsmarker (z.B. Plasma-CK) mit einer Kreatinsupplementation sowohl nach intensivem Training als auch nach 30 km-Läufen deutlich geringer waren.
  3. Verletzungsprävention: In Studien, die die Sicherheit einer Kreatin-Supplementation untersuchen sollten, stellte sich heraus, dass jene Athleten, die Kreatin zu sich nahmen, weniger Verletzungen erlitten als Athleten in der Kontrollgruppe. Auch die Anzahl an Krämpfen war signifikant geringer.
  4. Erhöhte Hitzetoleranz: Durch die verstärkte Wassereinlagerung im Muskel (ca. 0,5-1l) läuft die Thermoregulation unter Hitzebedingungen deutlich besser und kann zu einer verbesserten Leistung beitragen.
  5. Bessere Rehabilitation nach Verletzungen: Eine Kreatinsupplementation trägt dazu bei, dass der GLUT4-Gehalt in der Muskulatur auf hohem Niveau bleibt (GLUT4 transportiert Zucker in die Zielzellen). Dadurch wird die Muskelathrophie gehemmt.
  6. Neuronale Protektion: Kreatin beeinflusst nachweislich auch die mitochondriale Energieversorgung von Nervenzellen. Bei Patienten mit einer Wirbelsäulenverletzung konnte durch eine Supplementation eine verbesserte Bewegungsreichweite sowie ein reduziertes Narbengewebe festgestellt werden.
  7. Alterung: Zahlreiche altersbedingte degenerative Prozesse können durch eine Supplementation mit Kreatin reduziert werden. Dazu zählen z.B. erhöhte Cholesterin- und Triglyceridlevel, vermehrte Fettbildung in und an der Leber und der Abbau von Kraft und Muskelmasse.

Diese geballte Ladung vorteilhafter Effekten weckt verständlicherweise das Interesse von Schnellkraftsportlern für einen regelmäßige Kreatinsupplementierung. Wie jedoch erwähnt, ist zum einen die Speicherkapazität begrenzt, zum anderen stellt unser Organismus Kreatin immerhin zu 50% selbst her. Diese Argumente sprechen gegen eine Supplementierung und sollten bei adäquatem Fisch- und Fleischkonsum trotz erhöhtem Bedarf bei den verschiedenen Schnellkraftsportlern rein über die Nahrung gedeckt werden können. Anders sieht es bei Veganern aus. Bei Fleisch- und Fischverzicht könnte eine Ergänzung im leistungsorientierten Sport durchaus Sinn ergeben.

Langzeitwirkung: Wenigstens schadet Kreatin nicht!

Zudem existieren Studien zur Kreatinsupplementation über längere Zeiträume. Als bestätigt gilt, dass eine tägliche Zufuhr von 30g Keatin pro Tag über 5 Jahre zumindest keine negativen Effekte mit sich bringt, was uns zur abschließenden Frage führt: Wenn ich Kreatin supplementieren möchte, welches Produkt sollte ich in welchem Umfang verwenden? Die ISSN empfiehlt eine Ergänzung mit Kreatin-Monohydrat, da es in Studien die besten Effekte zeigte und insgesamt am besten untersucht wurde. Laut ISSN sollte in den ersten 5-7 Tagen eine geringe Dosis von ca. 0,3g pro Körpergewicht, anschließend 3-5g pro Tag zugeführt werden. Mit dieser Dosis kann der Athlet nicht nur seine Kreatinspeicher erhöhen, sondern auch auf einem hohem Niveau halten.

 

Quelle:

Kreider, R. B., Kalman, D. S., Antonio, J., Ziegenfuss, T. N., Wildman, R., Collins, R., & Lopez, H. L. (2017). International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. Journal of the International Society of Sports Nutrition14(1), 18.

Die neue Koffein-Diät: Fatburner mit Hallo-Wach-Effekt oder Placebo mit Suchtfaktor?

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70% aller Deutschen konsumieren täglich mindestens eine Tasse Kaffee. So zumindest ist es dem Kaffeereport 2017 zu entnehmen, der 3000 Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren befragte. 50% aller Befragten laufen täglich sogar mehrmals zur Maschine. Für Kaffeejunkies dürften die neuesten Erkenntnisse einer kanadischen Studie daher äußerst interessant sein, denn sie untersuchte die Wirkung des im Kaffee enthaltenen Koffeins auf die Fettverbrennung (Lipolyse). Ist Koffein also ein natürlicher Fat-Burner? Und wie macht sich eine vermeintlich verbesserte Fettverbrennung in unserem Körper nach 1-3 Tassen Kaffee bemerkbar?

Molekular – Koffein verlängert die Wirkung von zyklischem AMP

Die Wirkungen von Koffein spielen sich auf physiologischer Ebene wie folgt ab: In unseren Zellen wird unsere „Energiewährung“ Adenosintriphophat (ATP) dauerhaft auf- und abgewertet. In diesem Prozess entsteht unter anderem das sogenannte zyklische Adenosinmonophophat (cAMP), das normalerweise sehr schnell zerfällt. Bleibt cAMP allerdings länger stabil, wirkt es als Botenstoff und aktiviert Enzyme, die die Lipolyse steigern. Vandenberghe et al. (2016) beschreiben Koffein daher als Adenosinrezeptor-Antagonist, d.h. es blockiert Rezeptoren auf dem Adenosinmolekül, die eigentlich als Bindungsstelle für das Abbauenzym fungieren. Folglich bleibt cAMP durch den Koffeineinfluss länger wirksam und kurbelt somit (zumindest theoretisch) die Fettverbrennung an.

Im Rahmen der Lipolyse entstehen freie Fettsäuren (FFS), die in den Blutkreislauf gelangen. FFS werden von vielen Organen zur unmittelbaren Energiefreisetzung genutzt. Passieren sie die Leber, können sie zu Ketonen umgewandelt werden, wie z.B. β-Hydroxybutyrat (β-HB), der am häufigsten gemessene Ketonkörper. Ketone spielen eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung des Gehirns, wenn entweder die Nahrung über längere Zeit kohlenhydratarm ist oder eine mehrtägige Fastenphase ins Spiel kommt. Unter Glukosemangel können bis zu 70% des Energiebedarfs des Gehirns ausschließlich über Ketone bereitgestellt werden. Dieser Mechanismus hat unser Überleben (insbesondere von Gehirn und Nervenzellen) in Winter- und Dürrephasen gesichert, wenn die Nahrung allmählich knapp wurde.

Bulletproof – ist Kaffeekonsum die Anti-Fett-Diät der Zukunft?

Heute haben wir allerdings mit dem Problem zu kämpfen, das Nahrungsenergie an jeder Ecke ohne großen Aufwand verfügbar ist. Deshalb versucht eine Armada von Diäten unser Körperfett im Zaum zu halten – mit geringem Erfolg. Was aber, wenn Kaffee künftig diesen Job übernimmt und wir bedenkenlos schlemmen dürfen bis der Arzt kommt? Werden tatsächlich mehr Ketone gebildet, wenn wir zum Kaffeejunkie mutieren? Dieser Fragestellung widmeten sich Vandenberghe et al. (2016), die 10 Probanden untersuchten, die drei Untersuchungstage durchliefen: Nach einer 12-stündigen Nüchternphase erhielten die Probanden in Verbindung mit einem standardisierten Frühstück eine bestimmte Dosis Koffein (0/2,5/5mg pro Kilogramm Körpergewicht). Die mittlere Dosis entspricht etwa 1,5 Tassen Kaffee, die hohe Dosis 3 Tassen. Über einen Zeitraum von 4 Stunden wurde den Probanden halbstündlich Blut abgenommen und auf bestimmte Parameter hin untersucht.

Langsam aber gewaltig – der Fat-Burning-Effekt von Koffein!

Und siehe da: In der Analyse zeigten sich tatsächlich die erhofften Effekte – allerdings wesentlich später als man dachte. Obwohl Kaffee für seine psychotrope Wirkung bekannt ist, stellten die Wissenschaftler in den ersten zwei Stunden nach dem Frühstück weder Veränderungen der FFS noch der Ketone im Blut fest. Aber: Nach 3 Stunden (siehe Grafik) stiegen die β-HB-Werte deutlich an – mit 2,5mg Coffein um 88%, mit 5mg um sage und schreibe 116%!

Mit diesem kleinen Experiment konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass Koffein sowohl die Lipolyse als auch die Ketogenese wirkungsvoll stimuliert. Die Wirkung von Koffein war übrigens eindeutig dosisabhängig und erreichte nach vier Stunden ihren Höhepunkt.

 

 

Kleiner Wermutstropfen: Ein limitierender Faktor der Studie war die Zusammensetzung des Frühstücks. Dieses bestand aus 85g Kohlenhydraten, 9,5g Fett und 14g Eiweiß. Der Konsum von Zucker und die darauffolgende Freisetzung von Insulin hemmt bekanntermaßen die Lipolyse. Möglicherweise erklärt dies auch den anfänglichen Abfall der β-HB-Konzentration (siehe Grafik). Ungeachtet dessen ist Koffein also in der Lage, den Lipid- und Ketonstoffwechsel zu stimulieren. Stellt sich nur die Frage: Ist der Fat-Burning-Effekt von Koffein mit einem Low-carb Frühstück vielleicht noch stärker oder tritt schneller ein? Und wie funktioniert Koffein bei Frühstückverweigerern? Eine interessante Frage für alle, die gerne ein paar überflüssige Prozent Körperfett loswerden wollen. Bleibt zu hoffen, dass die Forscher in dieser Hinsicht am Ball bleiben. Keep the fire burning!

 


Quellen:

Vandenberghe, C., St-Pierre, V., Courchesne-Loyer, A., Hennebelle, M., Castellano, C. A., & Cunnane, S. C. (2016). Caffeine intake increases plasma ketones: an acute metabolic study in humans. Canadian Journal of Physiology and Pharmacology, 95(4), 455-458.

Kaffeereport 2017: https://www.tchibo.com/servlet/cb/1210736/data/-/Kaffeereport2017.pdf

 

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Aspartam – Freund des Hüftgolds oder Feind meines Körpers?

Zucker

NutraSweet – so sweet wie viele denken?

So naiv der Gedanke auch war, lag ihm doch eine gewisse Logik zugrunde: Wenn man Zucker durch Süßstoffe ersetzt, würde der ungebremsten Kalorienzufuhr der Bevölkerung endlich ein Ende bereitet. Was in der Chemieküche dabei herauskam, war unter anderem der Süßstoff Aspartam. Das auch als NutraSweet oder Canderel bekannte Kunstprodukt wird seither überall dort eingesetzt, wo man mit der Aufschrift OHNE ZUCKER auf Nahrungsmitteln, frei verkäuflichen Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln ahnungslose Menschen zum Kauf reizen möchte. Die Biographie von Aspartam ist nicht nur lang, sondern auch sagenumwoben – von der Industrie gehyped, von den Verschwörungstheoretikern verteufelt. Recherchiert man den 1965 bei der Suche nach einem Geschwürmedikament per Zufall entdeckten Süßstoff (!) etwas genauer, stößt man auf zahlreiche schockierende Meldungen. Unter anderem: Bis Mitte der 70er Jahre wurde Aspartam auf einer CIA-Liste als biochemischer Kampfstoff zur taktischen Kriegsführung aufgelistet. Studien, die die Sicherheit von Aspartam klinisch bestätigen sollten, wurden gefälscht. Da es den Vorwürfen jedoch an Beweislage mangelte, konnte der Hersteller unbeirrt an der Erfolgsgeschichte dieses Süßstoffs weiterschreiben.

Aspartam ist krebserregend – zumindest im Tierversuch!

2005 veröffentlichten Soffritti et al. eine umfangreiche Studie, bei der Ratten (100-150 pro Gruppe und Geschlecht) mit sieben unterschiedlichen Konzentrationen von Aspartam gefüttert wurden. Um Verfälschungen zu vermeiden, ließen die Wissenschaftler die Ratten bis zu ihrem natürlichen Tod leben und führten anschließend eine Nekropsie durch. Die Ergebnisse waren alarmierend: Die Zahl bösartiger Tumore war signifikant höher, ebenso die Entstehung von Leukämie, Lymphknotenerkrankungen und Zellkarzinomen. Daraus folgerten die Wissenschaftler: Apartam ist krebserregend – zumindest im Tierversuch! Während die Unbedenklichkeitsgrenze bei Ratten bei etwa 20mg pro kg Körpergewicht ermittelt wurde, gelten für den Menschen heute 40mg pro kg Körpergewicht als unbedenklich. Müssten anhand solcher Studienergebnisse nicht die Alarmglocken sämtlicher Kontrollinstanzen klingeln? Zumindest nicht nach Ansicht der EU-Lebensmittelbehörde (EFSA) und des Deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Da Krebs vor allem eine Alterserkrankung sei, würde die lange Studiendauer keinen Aufschluss über das vermeintliche Risiko geben, so die Begründung der BfR. Der Mangel an wissenschaftlichen Belegen zu potenziellen Gefahren sorgt dafür, dass Aspartam heute immer noch vor allem in Soft-Drinks als unbedenklicher Zuckerersatz massenhaft Verwendung findet.

Kalorienreduktion durch Süßstoffe? Das Gegenteil ist der Fall!

Doch irgendwie geht der Plan mit der vermeintlichen Kalorienreduktion nicht auf. Denn obwohl die ambitionierte Bevölkerung inzwischen auf Zero- und Light-Getränke schwört, wollen die Pfunde einfach nicht purzeln. Gerade die so gesundheitsbewussten Deutschen sind nicht nur zu über 50% übergewichtig, sondern jeder Sechste ist sogar fettleibig (eurostat). Nachdem sich unzählige Studien an diesem scheinbar paradoxen Phänomen (mehr Süßstoffgebrauch = mehr Übergewicht) abgearbeitet haben, wollten Gul et al. (2016) von der Harvard University folgende Hypothese genauer überprüfen. Durch die in Aspartam enthaltene Aminosäure Phenylalanin wird das Enzym IAP blockiert. IAP kann das Metabolische Syndrom (Syndrom X) nachweislich verhindern. Um dies zu überprüfen, wurde eine 18-wöchige Studie an Mäusen durchgeführt. Uns siehe da: Die mit Aspartam gefütterten Mäuse legten im Vergleich zu der Kontrollgruppe signifikant an Gewicht zu und entwickelten die typischen Symptome des Metabolischen Syndroms wie abdominale Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Hypertriglyzeridämie und Insulinresistenz. Nachdem in der Vergangenheit EFSA und BfR nicht ganz zu unrecht die Länge der Studien bemängelten (Krebs = Alterserscheinung), müssten die Risikoexperten nach dieser 18-wöchigen Untersuchung mit jugendlichen Nagetieren nun allerdings zu einer Neubewertung von Aspartam kommen, denn Ratten leben durchschnittlich 2 Jahre!

 

Quellen:

  1. Gul, S.S., Hamilton, A.R., Munoz, A.R. et al. (2016). Inhibition of the gut enzyme intestinal alkaline phosphatase may explain how aspartame promotes glucose intolerance and obesity in mice. In: Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism. Published on the web 18 November 2016.
  2. Soffritti, M., Belpoggi, F., Esposti, D.D. et al. (2006): First Experimental Demonstration of the Multipotential Carcinogenic Effects of Aspartame Administered in the Feed to Sprague-Dawley Rats. In: Environmental Health Perspectives, Vol. 114 (3), 379-385.
  3. http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/7700903/3-20102016-BP-DE.pdf/70d4d04a-f24b-47dc-b69d-e3a677774480